Kein Geld, kein Nationaltrikot: Crowdfunding der deutschen Rugby-Frauen
Kein Geld, kein Nationaltrikot: Crowdfunding der deutschen Rugby-Frauen
Sie sammeln Geld, um Spiele mit der Nationalmannschaft bestreiten zu können: Die Deutschen Rugby-Frauen haben eine Crowdfunding-Kampagne initiiert. Die Europameisterschaft 2020 musste das Nationalteam absagen – wegen mangelnder Finanzierung. Das soll 2021 nicht noch einmal passieren. Wir haben mit Kapitänin Lisa Bohrmann über die Kampagne und das Frauenrugby in Deutschland gesprochen.
Gut zwei Wochen hat es gedauert, dann waren die 10.000 Euro beisammen. Gespendet von über 150 Unterstützern des Frauenrugbys in Deutschland. Ein toller Erfolg, findet auch Lisa Bohrmann (27), Kapitänin der 15er-Nationalmannschaft. „Dass wir das Geld in so kurzer Zeit zusammen bekommen, damit haben wir nicht gerechnet. Wir sind total glücklich.“ Die Crowdfunding-Kampagne hatte Ende Januar der Verein zur Förderung des deutschen Frauenrugby e.V. ins Leben gerufen. Auslöser war die Europameisterschaft 2020, die das deutsche Team absagen musste. Aus finanziellen Gründen.
Große Enttäuschung: Frauenrugby-EM 2020 abgesagt
Mit dem Geld aus der Kampagne wollen die Spielerinnen vor allem eines: Endlich wieder im Nationaltrikot auflaufen. Das können sie nun auch. Mit einem Testspiel gegen die British Army am 28. März in Großbritannien soll der erste Schritt Richtung EM 2021 gemacht werden. Lisa sagt: „Es war extrem hart und eine große Enttäuschung, als wir die EM letztlich absagen mussten. Schließlich hatten wir uns darauf vorbereitet. Umso wichtiger ist uns, dass wir jetzt wieder als Team zusammen sein können.“
Foto: Richard Bohrmann
Daher hofft Lisa, dass auch über die 10.000 Euro hinaus noch Geld fließt. Am liebsten natürlich langfristig. Damit könnten gemeinsame Lehrgänge und ein weiteres Spiel gegen Belgien finanziert werden. Doch Sponsoren zu finden in einer Randsportart ist schwer. Jede der Spielerinnen hilft dabei, die Finanzierung des Nationalteams auf die Beine zu stellen. An mangelndem Zuschauer-Interesse liegt es jedenfalls nicht. „Wir haben echt treue Fans, die für die Spiele der Nationalmannschaft aber auch die der Vereine gerne mal quer durch Deutschland reisen. Dafür sind wir total dankbar.“ Und trotzdem spielt Rugby in Deutschland eine untergeordnete Rolle. „Der Sport ist in fast jedem Land populärer als hier bei uns…“, sagt Lisa. Etwa in England und Schottland, aber auch in Neuseeland, Frankreich oder Spanien genießt Rugby ein hohes Ansehen.
"Athletik, Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit – Rugby verbindet alles"
Lisa spielt schon seit 22 Jahren Rugby, also fast ihr ganzes Leben lang. Anders als viele andere Spielerinnen stammt sie nicht aus einer Rugby-Familie. Es war ein guter Freund in der Kindheit, der sie mal mit ins Training nahm. Seither ist Lisa begeistert. „Rugby verbindet alles, was man sich im Sport vorstellen kann: Athletik, Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit. Das macht es so unglaublich attraktiv“, beschreibt sie ihre Leidenschaft. „Besonders aber spiele ich Rugby auch wegen den Menschen, die ich dort treffe. Wir sind wie eine Familie und der Zusammenhalt ist groß.“
Mit dem SC Neuenheim steht Lisa in der Rugby-Bundesliga der Frauen derzeit auf Rang drei. „Mein ganzes Leben richtet sich nach Rugbysport, am Wochenende sind wir mit dem Verein unterwegs und ich trainiere meist zweimal am Tag. Es ist ein Hobby – aber unter Leistungssportbedingungen.“ Wenn sie nicht gerade auf dem Feld steht, anderswo trainiert oder Crowdfunding-Kampagnen vorantreibt, arbeitet sie in einer Jugendhilfeeinrichtung für psychisch kranke Jugendliche und lernt für die Approbation ihrer Weiterbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.
Foto: Fernando Fath
Am Donnerstag, 26. März, wird Lisa aber erst einmal mit dem Nationalteam in den Bus steigen und sich auf den Weg nach England machen. Ein Training mit der gesamten Mannschaft wird dann vor Ort stattfinden. Endlich wieder im Nationaltrikot – dank Crowdfunding und dem unermüdlichen Einsatz der Spielerinnen auch neben dem Feld.
Die Crowdfunding-Kampagne des Vereins zur Förderung des deutschen Frauenrugbys läuft noch bis 23. Februar 2020. Hier geht's zur Kampagne.
Kurz erklärt: Der Unterschied zwischen 15er- und 7er-Rugby
Viele Spieler und Spielerinnen in Deutschland spielen sowohl das klassische 15er-Rugby als auch die olympische 7er-Variante. Siebener-Rugby wird aufgrund der Anerkennung als olympische Sportart gefördert, ist eine eigene, offizielle Sportart, allerdings unterscheidet sich das Regelwerk von dem des 15er-Rugby in einigen Punkten. Das Spielfeld ist in beiden Varianten gleich groß, nur dass einmal eben 7 gegen 7 auf dem Feld stehen, oder 15 gegen 15 – woraus sich taktische Unterschiede ergeben. Die olympische Rugby-Form wird in der Regel als Turnier gespielt, da die Spielzeit deutlich kürzer ist. Zweimal sieben Minuten mit einer Minute Halbzeitpause
Erschienen in Sportarten am 14. Februar 2020
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