Deutsche Rugby-Vereine setzen Zeichen gegen Ausschluss von Transfrauen

ExklusivDer Rugby Weltverband hat zur Diskussion gestellt, Transfrauen vom Frauenrugby auszuschließen. Bereits mehr als 30 deutsche Vereine haben sich gegen diesen Vorschlag bekannt – initiiert durch die Berlin Bruisers.

Transgender-Frauen sollen vom Frauenrugby künftig ausgeschlossen werden – so steht es in einem Richtlinien-Entwurf, den der Rugby Weltverband den nationalen Verbänden vorgelegt hat. Auch der Deutsche Rugby Verband (DRV) soll dazu Stellung beziehen. Der Richtlinien-Entwurf unterscheidet sich stark von der bisherigen Regelung. Demnach mussten Transfrauen über mindestens zwölf Monate hinweg ein konstant niedriges Level an Testosteron nachweisen, um dann in einer Frauen-Liga spielen zu dürfen.

Noch keine empirischen Forschungsergebnisse

Der Weltverband begründet den neuen Entwurf unter anderem mit Fairness und der Sicherheit der Spielerinnen, da Transfrauen noch in einem männlichen Körper stecken und vielen Frauen daher überlegen sein könnten. Aussagekräftige Forschungsergebnisse scheint es zu dem Thema derzeit nicht zu geben, das stört auch die Verantwortlichen des Berliner Rugby Vereins „Berlin Bruisers“. Vize-Präsident Michael Mejda sagt gegenüber Sportfrauen: „Ein erhöhtes Verletzungsrisiko durch Transfrauen wurde lediglich anhand einer Simulation dargestellt.“ Der neue Richtlinien-Entwurf kam auch für ihn ganz plötzlich, ohne dass es ersichtlich einen Grund dafür geben würde.

Transfrauen sollen spielen dürfen

Für Mejda und die Berlin Bruisers ist Rugby ein Sport, der vor allem für Inklusion und Vielfalt steht. Als schwuler Verein gegründet sind die Berlin Bruisers mittlerweile offen für alle, die Rugby spielen wollen. In einem Social-Team spielen Männer und Frauen jeden Geschlechts gemeinsam. Transfrauen sind aktuell noch nicht darunter, Mejda vermutet auch, dass es insgesamt im deutschen Rugby zurzeit wohlmöglich kaum Trans-Spielerinnen gibt. „Aber es geht auch nicht darum, wie viele aktuell betroffen wären. Sollte auch nur eine Transfrau in Deutschland Rugby spielen wollen, soll sie das auch dürfen“, sagt er.

Um dafür zu sensibilisieren und den DRV auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hat der Berliner Verein mehr als 30 weitere Vereine und Mannschaften in einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen. Auch in anderen Ländern gibt es bereits Petitionen, die sich direkt an den Weltverband richten. Auch die Deutschen Rugby Frauen (DRF) lehnen laut einer Veröffentlichung der Berlin Bruisers einen allgemeinen Ausschluss der Transgender-Frauen vom Spielbetrieb ab:

“Wir wollen inklusiv bleiben und somit den Werten des Rugby Spiels folgen. Rugby lebt davon, Frauen mit verschiedenen Körperstrukturen zu haben und eine Ausgrenzung von Transfrauen aufgrund der vermuteten größeren Muskelmasse ist nicht inklusiv, sondern diskriminierend.”

Und schließlich gehört es im Rugby dazu, auf unterschiedlichen Positionen Spieler:innen zu haben, die körperlich ganz andere Voraussetzungen mitbringen. Da kann es schon mal sein, dass 60 Kilo auf 100 Kilo treffen, egal ob transgender oder nicht.

Negative Kommentare auf Kampagne

Da Rugby noch immer für große Teile der Gesellschaft als männlicher Sport angesehen werde, seien die Hürden für Transfrauen sowieso schon groß, so Mejda. „Wenn sie also nur in einem Männerteam spielen dürften, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie als Frau nicht akzeptiert und weiterer Diskriminierung ausgesetzt würden.“ Negative Bemerkungen zu der Kampagne haben die Bruisers vor allem von Männern erhalten, von Männern, die häufig selbst gar nichts mit Rugby zu tun haben. „Die Bemerkungen sind für uns leider ein Beispiel dafür, dass manche Männer den Frauen weiterhin vorschreiben wollen, wie eine Frau zu sein und nicht zu sein hat“, berichtet der Vize-Präsident, der auch das Liga-Team der Bruisers anführt.

Die Bruisers hoffen nun, dass die Kampagne von den Vereinen im deutschen Frauenrugby aufgegriffen und künftig angeführt wird – um gemeinsam für Inklusion und die traditionellen Werte des Rugbys zu kämpfen.

Erschienen in Sportarten am 26. August 2020

Weitere Artikel

  • Die Augsburgerin Katharina Isele tritt im Crossfit und Functional Fitness bei Wettbewerben an. © Michael Dick

    Ein Leben für die Fitness: Katharina Isele ist eine der fittesten Frauen Deutschlands

    Mehr als 20 Stunden Training in der Woche, andere coachen und ständig auf Instagram erreichbar sein: Das Leben von Katharina Isele aus Augsburg dreht sich um Fitness. Im Crossfit und Functional Fitness tritt die 27-Jährige bei Wettbewerben an. Mit Erfolg.

    Verfasst von Nina Probst

    23. Aug, 2022

  • Im Finale traf München auf Hamburg. © Roland Irlenbusch

    Hamburg holt Deutschen Meistertitel im Indoor Lacrosse

    Nach zweijähriger Corona-Pause, die nächste Deutsche Meisterschaft der Damen im Indoor Lacrosse ausgetragen werden. Mit einem knappen 16:15-Sieg setzten sich die Hamburgerinnen vom HTHC gegen die amtierenden Meisterinnen aus München durch.

    02. Mär, 2022

  • Jule Neubauer (15) hat neun Jahre im Trikot von Hannover Lacrosse gespielt. © Roland Irlenbusch / DLaxV e.V.

    Per Crowdfunding zur Convention: Wie Lacrosse in Deutschland bekannter werden soll

    Jule Neubauer (26) spielt seit rund zehn Jahren Lacrosse. Sie ist mehrfache Deutsche Meisterin, spielt in der Nationalmannschaft – und will helfen, ihren Sport noch bekannter zu machen. Dazu dienen soll die German Lacrosse Convention 2022, doch dafür muss der Verband erst genügend Geld per Crowdfunding einsammeln.

    Verfasst von Nina Probst

    17. Nov, 2021

  • Jubel beim deutschen Faustball-Team nach dem WM-Sieg. © DFBL

    Deutsche Faustballerinnen holen zum vierten Mal in Folge Weltmeister-Titel

    Die Faustball-Nationalmannschaft der Frauen hat zum vierten Mal in Folge den Weltmeistertitel gewonnen. Im Finale von Grieskirchen bezwang das Team von Bundestrainerin Silke Eber Österreich mit 3:0 (11:4, 11:3, 11:7). Es war der 47. Länderspielsieg der deutschen Frauen in Folge.

    05. Aug, 2021

  • Anna-Lisa Aldinger spielt seit ihrer Kindheit schon Faustball in ihrem Heimatverein. © DFBL

    Faustballerinnen um Anna-Lisa Aldinger wollen bei WM den Titel verteidigen

    Die deutschen Damen sind aus der internationalen Faustball-Szene nicht wegzudenken. Als Titelverteidigerinnen fahren sie im Sommer zur WM nach Österreich. Auch Anna-Lisa Aldinger ist dabei, die schon seit mehr als zehn Jahren im Nationalteam spielt.

    Verfasst von Nina Probst

    01. Jun, 2021

  • (v.l.) Dr. Andrea Gotzmann (NADA), Amélie Ebert (Athleten Deutschland e.V.), Ralph Tiesler (Bundesinstitut für Sportwissenschaft © NADA

    Neue App ermöglicht mehr Mitsprache bei Dopingprävention

    Die NADA hat gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft und Athleten Deutschland e.V. eine App entwickelt, die den Athlet*innen mehr Mitsprache bei der Dopingprävention ermöglicht.

    03. Okt, 2020

  • Als Alpha Female steigt Jazzy Gabert in den Wrestling-Ring. © Lena Bass

    Wie Jazzy Gabert als Alpha Female die Wrestling-Welt aufmischt

    Jazzy Gabert alias Alpha Female ist die erfolgreichste Wrestlerin Deutschlands und schaffte sogar den Sprung in die WWE. Was sie dort erlebte, wie sich das Frauen-Wrestling in den letzten Jahren entwickelt hat und was sie über #speakingout denkt, erzählt sie Sportfrauen im Interview.

    Verfasst von Katarina Schubert

    01. Aug, 2020