Auf dem Weg nach Tokio: Alina Reh will sich ,abkapseln' für den ganz großen Olympia-Traum

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Kristof Stühm

19. April 2021

SerieAlina Reh gilt neben Konstanze Klosterhalfen als Deutschlands größte Laufhoffnung. Im Olympia-Jahr plant sie den nächsten Schritt Richtung Weltklasse - und verlässt dafür ihre Komfortzone. In einer Serie mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) begleiten wir Deutschlands Sportlerinnen auf dem Weg nach Tokio.

Mal gemütlich einen Kaffee trinken gehen, die Freundinnen treffen oder ins Kino? Geht nicht. "Es nervt mittlerweile", sagt Alina Reh im SID-Gespräch über die Einschränkungen durch die Coronavirus-Pandemie: "Wir hoffen alle, dass der Spuk bald ein Ende hat." Und dennoch: Ihre gute Laune will sich Reh nicht verderben lassen.

Olympia ist schon immer mein Traum!

Sie hat ja das Laufen, "meine große Liebe auf den ersten Blick", sagt Reh, und ihr ganz großes Ziel: Die Olympischen Spiele in Tokio im Sommer. "Olympia ist schon immer mein Traum", sagt die 23-Jährige. Und damit der auch in Erfüllung geht, wird das Leben ganz und gar darauf ausgerichtet. "Der Wecker klingelt immer so um kurz vor sechs", sagt Reh über ihren Trainingsalltag mit rund 13 Einheiten pro Woche, 160 Kilometer kommen so zusammen. Den Umfang haben die U23-Europameisterin von 2019 und ihr neuer Trainer Andre Höhne noch einmal "gut hochgeschraubt", sagt Reh. Denn: Sie will es dieses Jahr so richtig wissen.

Raus aus der Komfortzone

Reh peilt über 10.000 m die "31-Minuten-Grenze an oder knapp drunter", sagt sie. Das wäre schneller als der deutsche Rekord von Konstanze Klosterhalfen, der seit Ende Februar bei 31:01,71 Minuten liegt. Reh ist neben Klosterhalfen, die in den USA lebt und trainiert, die zweite ganz große Laufhoffnung in Deutschland - verfolgt bei ihren Zielen aber einen ganz anderen Weg. Aus ihrer Komfortzone ist aber auch Reh jetzt ausgebrochen, um international gegen die starke Konkurrenz aus Afrika ein Wörtchen mitreden zu können.

Lange bekam Reh schon Heimweh, wenn sie ihr geliebtes Laichingen auch nur für ein Trainingslager verließ, sie wohnt noch bei den Eltern, machte im Supermarkt der Mutter eine Ausbildung, hielt zehn Jahre an ihrem ersten Trainer fest. Doch dann wollte die EM-Dritte von Berlin 2018 eben doch "mehr kennenlernen als die Schwäbische Alb", sich "ein bisschen abkapseln von zu Hause". Also wechselte sie zu Höhne und dem Groß-Klub SSC Berlin und lebt, weil Corona keine Trainingslager in Südafrika zuließ, nun quasi in Kienbaum. Im Fußball würde man sagen, es war der nächste Karriereschritt. Sie sei "als Mensch gereift", sagt Reh:

Ich hoffe, dass sich das in Leistung auszahlt.

Taktisch clever laufen

Jetzt feilt Reh nicht nur an der Tempohärte, sondern auch an der taktischen Cleverness. Das Drama bei der WM 2019, als sie forsch an die Spitze stürmte und entkräftet einbrach, soll sich nicht wiederholen. Eigentlich sei sie ja eine, die "immer gerne vorne rausrennt", sagt sie. Doch was die Fans begeistert, zahlt sich am Ende nicht immer aus. "Ich muss taktisch cleverer laufen, auch mal Windschatten mitnehmen und nicht immer nur agieren", sagt Reh: "Das Unbekümmerte kann man machen - aber im richtigen Moment." Und wer weiß, vielleicht bekommt Reh dann ja irgendwann wirklich Edelmetall um den Hals gehängt - ihre Bronzemedaille von 2018 hat sie hingegen immer noch nicht gesehen. "Ich würde auch gern wissen, wo die sich befindet", sagt Reh, die von Platz vier auf drei vorgerückt ist, nachdem das Ergebnis der Schwedin Meraf Bahta wegen eines Anti-Doping-Verstoßes gestrichen wurde. Doch die Momente der Ehrenrunde im Olympiastadion und von der Siegerehrung könne ihr ohnehin "niemand mehr zurückgeben".


Serie "Auf dem Weg nach Tokio"

Gemeinsam mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) realisieren wir derzeit eine Serie über Spitzensportlerinnen auf dem Weg nach Tokio. Neben Text und Video produziert meinsportpodcast.de dazu auch eine Podcast-Reihe, die unter dem Namen „Sportfrauen auf dem Weg nach Tokio“ auf der Plattform zu finden ist.

Erschienen in Leichtathletik am 19. April 2021

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