Leichtathletik
Nachwuchstalent der deutschen Para Leichtathletik Merle Menje wird Zweite beim London Marathon
Nachwuchstalent der deutschen Para Leichtathletik Merle Menje wird Zweite beim London Marathon
ExklusivDas Nachwuchstalent in der deutschen Para Leichtathletik-Szene fährt bei ihrem erst zweiten Rennen über die Marathondistanz sensationell auf den zweiten Platz.
Die Erfolgssträhne der 17-jährigen Merle Menje reißt nicht ab. Nach ihrem fünften Platz beim Berlin Marathon, erreichte sie als Zweite das Ziel beim Marathon in der britischen Hauptstadt. Die Schweizerin Manuela Schär dominierte das Frauenrennen und gewann in neuer Streckenrekordzeit von 1:39:52 Stunden. Dahinter lieferte sich die Athletin vom Stadt-Turnverein Singen 1883 e.V. ein packendes Finish mit der routinierten Amerikanerin Tatyana McFadden. Nach 1:44:51 Stunden überquerten beide zeitgleich die Zielline.
Ich fühle mich großartig, dass ich gegen so tolle und insprirende Frauen wie Tatyana fahren durfte. Mir liegt die Langstrecke und ich will dies auf jeden Fall fortsetzen. London mag ich sehr, die Stadt und die Menschen. Ich habe es heute sehr genossen.
McFadden fand im Ziel anerkennende Worte für Menje: "Sie ist clever und hat in allen Rennen dieses Jahr ein gutes Finish gezeigt. Sie erinnerte mich heute an meine jüngere Version. Ich bin wirklich stolz, wie sie sich entwickelt hat."
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Das Jahr ist noch nicht zu Ende und trotzdem kann man es bereits als "ihr Jahr" bezeichnen. Viele Athleten haderten mit den teilweise sehr schwierigen Bedingungen das gewohnte Training seit Beginn der Pandemie fortzusetzen. Für Menje war die Coronazeit trainingstechnisch eher ein Segen. Durch das Homeschooling konnte sie sich das Training deutlich besser selbst strukturieren.
Ich hatte durch Corona mehr Möglichkeiten zu trainieren und konnte mir die Einheiten durch das Homeschooling außerdem besser einteilen. Ich habe konstant mit Trainingsplänen trainiert und konnte mich auch ohne Wettkämpfe gut motivieren. Ich wollte fit und bereit sein, wenn wieder Wettkämpfe stattfinden.
Und die Wettkämpfe kamen - ihren ersten internationalen Einsatz bei den "Großen" hatte die an Spina Bifida erkrankte Menje bei den Europameisterschaften in Polen. Dort überraschte sie die Konkurrenz und sammelte fleißig Titel (400m und 500m), sowie Medaillen (Silber über 100m und 800m). Als Anerkennung dafür gab es die Nominierung für die Paralympischen Spiele in Tokio von Bundestrainerin Marion Peters. Das Vertrauen zahlte sich mehr als aus. Auf der Weltbühne der Para Leichtathletik bestand sie ihre Feuerprobe und zeigte sehr gute Leistungen im Feld der Etablierten. Mit zwei vierten Plätzen (800m, 1500m), einem fünften Platz über 5000m und den achten Platz über die Stadionrunde gab sie ihre Bestes.
Nach den Paralympics blieb nicht viel Zeit zum Verschnaufen. Beim Berlin Marathon erfüllte sie sich einen Kindheitstraum und nahm ihr erstes Rennen über die 42,195km in Angriff. In der Vergangheit absolvierte Menje bereits die halbe Marathondistanz. Auf den schnellen Kurs in Berlin zeigte sie eine starke Leistung und erreichte den vierten Platz nach 1:42:12 Stunden.
Ich habe es immer geliebt längere Distanzen zu absolvieren. Ich bin glücklich, dass ich nun weiß, was es heißt bei einem so großen Event mitzufahren. Ich habe mein Bestes gegeben und jeden Moment genossen, selbst wenn es wehtat. Mit meiner Zeit und den gesammelten Erfahrungen bin ich zufrieden.
Von der Zuschauerin zur Athletin
Als 6-jährige besuchte Merle Menje die Deutschen Para-Leichtathletikmeisterschaften in ihrer Heimat Singen als Zuschauerin und war sofort fasziert von den Rennrollstühlen. Ein Jahr später folgte die Teilnahme an einem Schnupperlehrgang vom Deutschen Rollstuhlsport, wo sie das Rennrollstuhlfahren näher kennenlernen und ausprobieren durfte.
Ab diesem Zeitpunkt fing ich an zu trainieren und Wettkämpfe zu fahren und das wurde im Laufe der Zeit immer mehr und intensiver und wurde meine große Leidenschaft. Mich fasziniert beim Rennrollstuhlfahren die Technik, die Geschwindigkeit und die Taktik bei den längeren Rennen.
Doch nicht nur in den Sommermonaten ist Merle Menje sportlich unterwegs. Ihre sportbegeisterte Familie hat schon immer gern die Zeit gemeinsam im Schnee verbracht, doch irgendwann wollte Menje sich nicht mehr im Schlitten hinterherziehen lassen und beschloss einen Weg zu finden, sich selbst fortzubewegen. 2012 nahm sie an einen Schnuppertrainingwochenende teil und probierte den Sitzschlitten aus und ihre zweite Liebe war geboren. Zuerst war es nur ein Ausgleich in den Wintermonaten, aber mit den Jahren verbesserte sie sich so rasant, so dass hier schon für Deutschland im Weltcup gestartet ist.
Beim Ski nordisch ist es ebenfalls die Technik, die Abwechslung der Strecken und die Freiheit an Orte zu kommen, die man sonst als Rollstuhlfahrer nicht unbedingt erreichen kann.
An sechs Tagen in der Woche trainiert Merle Menje im Durchschnitt, um ihre Leistungen zu verbessern. In der Woche lernt die Schülerin bis zum Mittag/Nachmittag. Danach stehen zuerst die Hausaufgaben und das Lernen auf dem Plan, bevor sie sich ihrem Sport widmet. Die Trainingseinheiten dauern dann in der Regel bis zu zwei Stunden. An den Wochenenden nutzt die fleißige Schülerin die Gelegenheit und gönnt ihrem Körper etwas mehr Ruhe indem sie länger schläft. Es folgen dann wieder Training und das Lernen für die Schule. Ihre wenige Freizeit geniesst sie dann mit ihrer Familie oder Freunden.
Am Beispiel Menje lässt sich sehr gut erkennn, wie wichtig es ist Kinder und Jugendliche zu den Sportarten zu bringen und dann kommende Talente über Schnupperlehrgänge zu gewinnen.
Wir sind gespannt den weiteren Weg der ehrgeizigen Athletin zu verfolgen. Wenn ihr dies auch tun möchtet, besucht einfach ihr Instagramprofil.
Erschienen in Para Sport am 04. Oktober 2021
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