Der weibliche Zyklus im Leistungssport – ein gynäkologisches Problem?

SerieIst der weibliche Zyklus ein Problem für die sportliche Leistungsfähigkeit? In unserer nächsten Folge der Serie "Von Trainingsirrtümern und anderen Mythen" findet Autorin Navina Pertz klare Worte für die gesellschaftliche Diskussion über Menstruation.

Immer wieder lese ich in der Fachliteratur, dass es gynäkologische Probleme im Frauensport gibt. Was soll das denn bedeuten? Allein das Wort „Problem“ ist schon negativ konnotiert und suggeriert, dass Frauen von der Normalform abweichen. Was aber ist schon normal, frage ich mich? In Bezug auf den weiblichen Zyklus gibt es keine Norm. Jede Frau erlebt ihren Zyklus unterschiedlich. Daher muss auch individuell reagiert werden. Die meisten Symptome wie Unterleibsschmerzen, Rückenschmerzen oder vermehrte Flüssigkeitseinlagerung kommen bei vielen Frauen vor, aber in unterschiedlicher Ausprägung.

Studien über Periode mit männlichen Probanden

Interessant ist auch, dass Studien über den weiblichen Zyklus in Planung sind, um besser auf die Bedürfnisse der Sportlerinnen eingehen zu können. Klingt zunächst einmal nach einem guten Vorgehen. Aber damit die Ergebnisse auch objektivierbar und allgemeingültig sind, sollen solche Studien teilweise mit männlichen Probanden durchgeführt werden. Warum denn das? Es wäre doch viel eher hilfreich, in Studien die Ausprägung der unterschiedlichen Symptome an weiblichen Probandinnen zu erforschen und Tendenzen zu formulieren.

Positiv hervorzuheben ist, dass es bereits einige Initiativen gibt, die die körperlichen Unterschiede im Frauensport zu erforschen. Jedoch wird immer noch zu wenig getan und das, was getan wird, findet zu wenig Aufmerksamkeit und auch schlichtweg zu wenig Akzeptanz in der Gesellschaft. Wer den Zyklus mit Worten wie „Probleme“ beschreibt, verleugnet in meinen Augen die Weiblichkeit.

Es braucht mehr Einfühlungsvermögen

Wie sollen junge Sportlerinnen mit ihrem Zyklus umgehen, wenn ihnen von Anfang an suggeriert wird, dass sie ein Problem haben? Wir brauchen stattdessen Einfühlungsvermögen und Wissen um die körperlichen Unterschiede. Auch seitens der Männer. Junge Mädchen sollen ein gesundes Körpergefühl entwickeln können. Der weibliche Zyklus ist schließlich keine unberechenbare Krankheit, sondern sichert zu 50 Prozent den Fortbestand der Menschheit. Das heißt, wir sollten lernen, mit diesem umzugehen und ihn statt als Problem als ein Teil von uns ansehen.

Ob ich nun meine Tage hatte, während ich diesen Text schrieb, oder nur mit deutlichen Worten meine Meinung vertrete, darf der Leser selbst entscheiden.

Im zweiten Teil dieser Folge von „Von Trainingsirrtümern und anderen Mythen“ werden wir besprechen, wie sich der Zyklus prinzipiell äußern kann und wie ihr euch dieses Wissen auch im Sport zu Nutze machen könnt. Im zugehörigen High Five zeige ich euch Übungen, die mir helfen, wenn es mal wieder zwickt und ich hoffe, dass diese auch euch helfen werden.

Über die Serie „Von Mythen und anderen Trainingsirrtümern“

Kein wissenschaftlicher Beitrag aber wissenschaftlich fundiert: In unserer neuen Serie erfahrt ihr wöchentlich mehr über das richtige Training. Abwechselnd klärt euch die Autorin hier über Mythen aus der Trainingswelt auf (1), gibt euch Tipps für mögliche Trainingsinhalte (2) und stellt euch ganz konkrete Übungen (3) vor. Wenn ihr zu einem bestimmten Thema Fragen habt oder Vorschläge für eine neue Folge von „Von Mythen und anderen Trainingsirrtümern“, dann schreibt uns an info@sportfrauen.net.

Navina Pertz

Navina Pertz

Erschienen in Meinung, Tipps und Tricks am 14. August 2020

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