
So steht's um die Medienpräsenz von Athletinnen in Deutschland
So steht's um die Medienpräsenz von Athletinnen in Deutschland
Sportliche Vorbilder? Sind meist männlich. Warum das so ist? Weil viele die Athletinnen unserer Nation gar nicht kennen – oder nur am Rande. Wir wollen Athletinnen aus dem Abseits holen und mit unserer Berichterstattung zeigen, was Deutschlands Sportlerinnen drauf haben. Hier ein paar Fakten.
Sportlerinnen geben im Training und bei Wettbewerben 100 Prozent – genau wie Männer. Sie schränken ihre Zeit für Freizeit und Familie ein, um ihren Sport ausüben zu können – genau wie Männer. Sie lieben, was sie tun – genau wie Männer. Und doch sind die Chancen für Athletinnen nicht dieselben. Zum Beispiel die Berichterstattung: Sportlerinnen sind dort deutlich weniger präsent als männliche Athleten.
Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zwar etwas verbessert, doch ist die Medienpräsenz weit von einem Gleichgewicht entfernt. So ergab etwa eine Analyse der Frankfurter Rundschau, der Welt, der Bild und der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung im Jahr 1979, dass auf 90 Prozent der gesamten Fläche des Sportteils über Sportler berichtet wurde, auf 6 Prozent über Sportlerinnen. Über 20 Jahre später war dieser Wert immerhin gestiegen – auf zwölf Prozent.
Frauen werden öfter auf der Reservebank gezeigt
Nicht nur die Häufigkeit der Berichterstattung bei Männern und Frauen im Sport unterscheidet sich. Auch die Art. Etwa mit der Sprache wird dem Sport der Frauen häufig etwas Anspruchsloses und Unbedeutendes verliehen. Analysen ergaben: Über Sportereignisse von Männern wird dynamischer und schneller berichtet, zudem werden dabei viele Trainer oder Spieler interviewt. Statt so viele Spielszenen wie bei den Männern zu zeigen, sind Frauen in Sportwettkämpfen häufiger auf der Reservebank zu sehen, wie sie ihre Mitspielerinnen anfeuern, tuscheln oder sich umarmen, wenn sie einen Sieg feiern. Wörter wie „hübsch“ oder „süß“ sind dabei keine Seltenheit, außerdem fehlt bei Übertragungen der Fußball-Länderspiele der Frauen selten der Hinweis, dass die Teams gegen Männermannschaften aus der Regionalliga kaum eine Chance hätten.
Sport ist noch immer eine Männerdomäne
Die Anstrengung, die viele Mädchen und Frauen investieren, die Leistung und die Emotionen treten dabei in den Hintergrund. Die Autoren einer Medienanalyse formulieren es so: „Interpretiert man diese Befunde vor dem Hintergrund der durch die Massenmedien erzeugten latenten Alltagskultur, die weit reichende Folgen für unsere Wahrnehmung der Geschlechterverhältnisse, der Rolle von Männern und Frauen, von Sportlern und Sportlerinnen hat, so stabilisiert die Sportberichterstattung in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass Sport an und für sich männlich ist – Männer treiben Leistungssport, Frauen treiben Frauensport.“
Sportlerinnen verdienen wesentlich weniger als Männer
Die geringe Berichterstattung über Sportlerinnen wirkt sich noch auf andere Bereiche aus: Sponsoren und damit die Bezahlung. In der von Forbes jedes Jahr veröffentlichten Aufstellung der am besten verdienenden Sportler der Welt ist auch 2019 nur eine Frau unter den Top 100: Serena Williams auf Rang 63. Auch in Deutschland sieht es nicht anders aus. Eine Aufstellung aus dem Jahr 2016 zeigt die am besten verdienenden Athleten, unter 25 Sportlern findet sich mit Tennisspielerin Angelique Kerber lediglich eine Frau.
Weniger Medien, weniger Sponsoren – ein Teufelskreis
Die Verteilung von Sponsorengeldern auf Sportlerinnen und Sportler hängt sehr davon ab, wie stark sie in den Medien präsent sind. Da Männer deutlich häufiger in der Sportberichterstattung vorkommen, haben sie auch einen besseren Zugang zu Sponsoren. Und diese haben wiederum Einfluss auf die Programmgestaltung der Medien, da sie gleichzeitig auch Käufer von Werbezeiten und -flächen sind. Das deutlich geringere Budget im Sport der Frauen hat Auswirkung auf deren Leistungen und die Vermarktung. Ein Teufelskreis.
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Erschienen in Badminton, Basketball, Bergsport, Biathlon, Eishockey, Eiskunstlauf, Football, Fußball, Handball, Hockey/Floorball, Kampfsport, Langlauf, Leichtathletik, Radsport, Schwimmen, Ski Alpin, Ski Cross, Skispringen, Tennis, Tischtennis, Turnen, Volleyball am 04. November 2019
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