Regina Wohlgenannt von exploristas: ,Frauen trauen sich in einem rein weiblichen Umfeld viel mehr zu'

ExklusivIn luftiger Höhe sportliche Aktivitäten wagen: Für Regina Wohlgenannt und ihre Geschäftspartnerin Anja Schmidt keine Herausforderung. Für viele andere Frauen aber schon. Und deshalb haben die beiden "exploristas" gegründet. Warum es das braucht, erzählt Regina Wohlgenannt im Interview.

Ob zu Fuß, per Bike oder mit den Skiern: Die beiden Österreicherinnen Regina Wohlgenannt und Anja Schmidt wollen so viele Frauen wie möglich dafür begeistern, Outdoor-Sport auszuprobieren. Dazu haben sie vor drei Jahren den Verein exploristas gegründet. Regina Wohlgenannt hat zuvor im Tourismus und im Marketing gearbeitet – in vielen Teilen der Welt, von Kanada über Italien bis zum Balkan. Jetzt ist die Vereinsvorsitzende verantwortlich für die Entwicklung von exploristas. Mit Sportfrauen hat sie darüber gesprochen, warum es eine solche Initiative überhaupt braucht und was die Gründerinnen damit noch vorhaben.

Regina, welches Ziel verfolgt ihr mit exploristas?

Wir wollen mit unserer Initiative mehr Mädchen und Frauen für den Outdoor-Sport begeistern. Wir haben mit Skifahren begonnen und bieten nun Kurse auch im Mountainbike und Klettern an. Unser Motto ist: Trau dich raus, denn wann hast du das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?

Heißt das, viele Frauen trauen sich keinen Outdoor-Sport?

Zumindest in geschlechter-gemischten Gruppen trauen sich Frauen weniger zu als in einem rein weiblichen Umfeld, das zeigen Studien. In Gruppen mit Männern stehen viele Frauen unter dem Druck, den Ansprüchen nicht zu genügen. Bei unseren all-female Events hingegen beobachten wir immer wieder, dass das Selbstvertrauen am Berg enorm wächst und das nehmen die Teilnehmerinnen dann auch mit ins Tal. Außerdem hat sich gezeigt, dass ein weiblicher Guide auf Frauen einen großen Vorbild-Effekt hat.

Regina Wohlgenannt will anderen Frauen Bergerlebnisse ermöglichen. Foto: Mia Maria Knoll

Vorbilder spielen ja generell im Sport eine wichtige Rolle.

Genau. Daher haben wir weibliche Guides und bekannte Sportlerinnen angesprochen, uns bei exploristas zu unterstützen. So wollen wir zum einen die Sichtbarkeit erhöhen, zum anderen zeigen, dass Frauen das alles genauso können wie Männer. Nur sieht man sie leider nicht so oft. Schon kleine Mädchen kennen kaum Outdoor-Sportlerinnen, daher wollen wir auch für sie deren Geschichten erzählen.

Dann gibt es bald auch exploristas-Angebote für Kinder?

Das würde ich sehr gerne machen, ja. Mein Sohn ist fünf Jahre alt und in seinem Bike-Training sind fast nur Jungs. Ich frage mich, ob Mädchen da wirklich kein Interesse daran haben oder ob ihre Eltern sie einfach nicht dorthin schicken. Daher will ich gerne schon kleinen Mädchen die Chance bieten, Erfahrungen am Berg zu machen.

Du selbst hast ja auch schon unzählige Erfahrungen gemacht. Woher kommt deine Berg-Liebe?

Ich komme aus Vorarlberg und da gehören Berge einfach zum Leben dazu. In einer Großstadt fühle ich mich dagegen verloren. Gerade im Winter auf dem Berg zu sein, das ist meine natürliche Umgebung. Ich liebe die klare Luft dort, die Begegnung mit anderen Menschen und die Erlebnisse. Am liebsten gehe ich Skifahren, aber auch Klettern und Mountainbiken habe ich durch meinen Mann und unsere Kinder mehr für mich und für uns entdeckt. Übrigens hatten wir unser erstes Date damals auch auf den Skiern (lacht).

Welche anderen Geschichten am Berg sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Da war zum Beispiel ein Schlüsselerlebnis, das mich auch zu exploristas gebracht hat. Anja Schmidt und ich waren mit einer Gruppe Freeriderinnen unterwegs und haben eine super coole Spur im Tiefschnee nach unten gesehen. Wir haben uns alle gefragt: Welcher Typ ist da runtergefahren? Hinterher hat sich herausgestellt, dass eine Frau diese Spur hinterlassen hatte und das hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Wieso haben wir alle das nur einem Mann zugetraut?

Regina Wohlgenannt und Anja Schmidt. Foto: Alena Paschke

Und dann hast du gemeinsam mit Anja Schmidt exploristas gegründet, um an dieser Einstellung etwas zu ändern.

Wir haben den Verein gegründet, nachdem wir uns bei einem all-female Freeride-Camp kennengelernt haben. Wir haben gemeinsam den Wunsch entwickelt, die positiven Erfahrungen am Berg, die wir in solchen Gruppen gemacht haben, vielen anderen Frauen zu ermöglichen. Unsere Leidenschaft mit ihnen zu teilen. Und das machen wir jetzt – auch dank der Unterstützung des österreichischen Sportministeriums – regelmäßig bei unseren Events.


Noch mehr inspirierende Frauen aus der Outdoor-Branche wie beispielsweise Veronika Kamenicka, Gründerin der Community OutdoorChicks, und Julia Topp, Trailrunnerin und Bloggerin von EatRunHike, findet ihr bei CAMPZ in einer spannenden Kommentarreihe.

Erschienen in Bergsport, Frauen im Sportbusiness am 24. Juli 2021

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