Basketball

Satou Sabally über Rassismus in den USA: ,Ich fühle mich persönlich angegriffen'

WNBA-Draft Satou Sabally lebt bereits in Dallas – und bekommt dort die Rassismus-Proteste ständig mit. Als schwarze Frau fühlt sie sich selbst betroffen und will ihre Stimme als Sportlerin nutzen, um endlich gehört zu werden.

Sie ist derzeit die wohl gefragteste deutsche Athletin: Basketballerin Satou Sabally. Während sie nach dem WNBA Draft als weibliche Nachfolgerin Dirk Nowitzkis durch die Medien ging, hört und liest man von der 22-Jährigen aktuell vor allem in Bezug auf die Rassismus-Debatte, ausgelöst durch den Tod von George Floyd.

Satou lebt bereits in Dallas, wo sie voraussichtlich ab Juli (siehe unten) ihre erste WNBA-Saison spielen wird. In der Zwischenzeit hat sie noch einen zweiten Vertrag unterschrieben: bei Fenerbahce Istanbul. Bei dem türkischen Club hat sie einen Ein-Jahres-Vertrag unterzeichnet und wird dort nach dem Saisonende der WNBA weitere Auslands-Erfahrung sammeln. Bis dahin studiert sie weiter in den USA, trainiert und nutzt ihre Stimme als Sportlerin, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Wir haben mit ihr über die aktuelle Situation in den USA gesprochen, über ihren Kontakt zu Dirk Nowitzki und ihren Trainingsstand.

Du wohnst seit drei Wochen in Dallas. Wie erlebst du die Rassismus-Debatte dort?

„Es ist sehr verstörend, was hier passiert. Als schwarze Frau befinde ich mich ständig im Kampf mit mir selbst, weil ich nicht einfach nur zuschauen kann. Ich muss etwas sagen. Immerhin könnte es sich bei den schwarzen Männern, die ermordet wurden, auch um meinen Vater oder meine Brüder handeln. Ich fühle mich persönlich angegriffen.“

Hast du selbst schon Erfahrungen mit Rassismus gemacht?

„Viele Kinder in Deutschland haben mich gefragt, weshalb ich so lockige Haare oder dunkle Haut habe. Noch heute wollen viele Menschen meine Haare anfassen, ich fühle mich dann wie im Streichelzoo. In der Oberschule wurde ich auch öfter mal „Tingel Tangel Bob“ genannt. Und oft wenn ich in einem Zoo bin, mache ich rassistische Erfahrungen am Affengehege, wenn mir jemand sagt, ich solle dorthin zurückgehen, wo ich herkomme.“

Wie gehst du damit um?

„Diese Aussagen nehme ich persönlich, aber Rassisten lassen sich nicht ändern. Schon gar nicht, wenn Hass dahinter steckt. Daher will ich meine Stimme als Sportlerin nutzen, um von den Menschen endlich gehört zu werden.“

Du bist zuletzt auch im Sportstudio aufgetreten und hast dich dazu geäußert.

„Ich freue mich, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich bin schwarz und laut – es ist wichtig, dass unsere Stimmen gehört werden. Ich habe daraufhin viele positive Nachrichten bekommen, aber natürlich auch Kritik. Einige Leute sagen mir, ich sei keine Amerikanerin und solle mich um das kümmern, was in Deutschland passiert. Aber das, was gerade passiert, geht uns alle an.“

Dirk Nowitzki hat auf Social Media geschrieben, er mache sich Sorgen um die Zukunft seiner Kinder. Fühlst du dich in den USA noch wohl?

„Ich fühle mich hier wohl, schließlich ist nicht alles schlecht. Ich bin gerne in Dallas, aber ich bin auch gerne in Gambia. Und Berlin ist in meinem Herzen. Ich könnte wahrscheinlich überall leben. Aber in der aktuellen Debatte geht es auch darum, das Leben sicherer zu machen. Daher kann ich verstehen, was Dirk schreibt.“

Stehst du mit ihm in Kontakt?

„Aktuell nicht sehr viel, aber ich habe seine Nummer und kann mich immer an ihn wenden, wenn ich Fragen habe. Dirk ist mein Mentor. Er ist total offen, genau wie seine Frau. Das finde ich toll.“

Aktuell pausiert die WNBA noch. Wärst du vorbereitet, würde es jetzt losgehen?

„Ich trainiere aktuell, aber nicht mit dem gesamten Team. Das soll immerhin bald möglich werden. Ich bin zwar fit, könnte aber nicht morgen direkt spielen. Aber ich mache mir keinen Druck. Es ist meine erste Saison in der WNBA und ich liebe Basketball. Ich gehe selbstbewusst in die Saison und habe natürlich Erwartungen an mich, aber ich mache mich dadurch nicht verrückt.“

Wir wünschen dir alles Gute für deine erste WNBA-Saison!

So geht's mit der WNBA nun weiter

Die WNBA hat eine Partnerschaft abgeschlossen, die die IMG Academy in Bradenton, Florida, zur offiziellen Heimat der WNBA-Saison 2020 machen soll. Es soll einen Spielplan mit je 22 Spielen in der regulären Saison geben, gefolgt von einem traditionellen Playoff-Format. Ab Juli wird die IMG Academy die Heimat für jedes der zwölf Teams der Liga sein und als ein einziger Ort für Trainingslager, Spiele und Unterkunft dienen. Die Gesundheit und Sicherheit von Spielern und Mitarbeitern hat weiterhin höchste Priorität.

Auch die beiden aktuellen deutschen WNBA-Spielerinnen, Marie Gülich bei den Los Angeles Sparks und Rookie Satou Sabally bei den Dallas Wings, dürfen sich nun doch noch auf die anstehende Saison freuen. Sabally befindet sich bereits in den USA, Gülich auf dem Weg dorthin. Die wie Sabally frisch gedrafteten Luisa Geiselsöder (Dallas Wings) und Leonie Fiebich (Los Angeles Sparks) greifen erst im kommenden Jahr ins WNBA-Geschehen ein.

Nach dem aktuellen Plan werden die Teams Anfang Juli zur IMG Academy anreisen, die Spiele werden Ende Juli nach einer Team-Trainingslagerperiode beginnen. Obwohl die WNBA-Saison 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie ohne anwesende Fans gespielt wird, wird die Liga weiterhin auf der aktuellen Dynamik rund um die WNBA und die Spielerinnen aufbauen und den Fans einen Platz in der ersten Reihe zu Hause bieten. Dies ist dank des kontinuierlichen Engagements für den Frauensport von ESPN, CBS Sports Network und NBA TV möglich. Der genaue Spielplan und der offizielle WNBA 2020 Tip-Off werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Erschienen in Basketball am 21. Juni 2020

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