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Paralympics aktuell Tag 8: Natascha Hiltrop und Elena Krawzow schreiben Geschichte

Die Goldsträhne in Tokio reißt nicht ab - wir haben zwei neue Paralympicssiegerinnen und eine Wiederholungstäterin gewinnt Silber. Tag 8 in Tokio war mehr als tränenreich in positiver Hinsicht.

Sportschießen: Natascha Hiltrop schießt sich zu Gold

In ihrem zweiten Wettbewerb bei ihren dritten Paralympics gelang Natascha Hiltrop historisches. Es war nicht nur ihr erstes Gold, sondern sie beendete damit auch eine 17-jährige Gold-Durststrecke der deutschen Sportschützen. Letztmalig gewann Manuela Schmerschmidt diese im Luftgewehr stehend in Athen 2004.

Im Mixed-Wettbewerb mit dem Luftgewehr (10m liegend) wurde es richtig knapp für die inkomplett querschnittsgelähmte Hiltrop.  In der Asaka Shooting Range traf Hiltrop im Finale der Klasse R3 auf die sieben besten Athlet*innen des Wettbewerbs. Hiltrop qualifizierte sich nach 6 Serien à 10 Schuss mit insgesamt 635,4 Ringen als Zweite hinter dem Weltmeister von 2014 in dieser Klasse, dem Koreaner Jinho Park. Auf den Punkt fokussiert gelang ihr mit den ersten beiden Durchgängen mit jeweils fünf Schuss ein guter Auftakt (105,8 Ringe). Die Ukrainerin Iryna Shchetnik überzeugte hingegen mit hohen Zehnerwertungen und zog für kurze Zeit an Hiltrop und den Koreaner Park vorbei. In der zweiten Stufe der Finalrunde lieferte die 29-Jährige im Liegendanschlag weiter konstant ab, blieb mental stark und schoss sich mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,1 Ringen vor dem Koreaner Park zu Gold der Klasse R3. Bronze holte die Ukrainerin Shchetnik. 

@Joachim Sielski/ DBS

Ich bin sehr glücklich, dass ich das umsetzen konnte, was ich mir vorgenommen habe. Da fällt einem schon ein riesiger Stein vom Herzen. Bei den restlichen Wettkämpfen möchte ich jetzt weiter alles geben und schauen, wozu es am Ende reicht.

Schwimmen: Elena Krawzow holt sich die lang ersehnte Goldmedaille bei den Paralympics

Die 27-jährige Berlinerin, welche an Morbus Stargardt erkrankt ist und nur noch sehr wenig sieht, hat sich einen jahrelangen Traum erfüllt - Gold bei den Paralympics zu gewinnen. Dieser Titel fehlte der Athletin von Trainer Phillip Semechin noch in ihrer Sammlung von etlichen Welt- und Europameistertiteln, sowie vielen Weltrekorden. Der Weg zu dieser Medaillie war aber sehr sehr schwer für Elena Krawzow. Wie viele Sportlerinnen hatte sie mit den Folgen der Corona Pandemie zu kämpfen. Mental war das eine enorme Herausforderung, auch im Hinblick, dass ihre gesamten Pläne mit der Verschiebung um ein Jahr über den Kopf geworfen wurden. Nach ihrer Schulteroperation war die Rückkehr ins Becken ebenfalls ein hartes Stück Arbeit. Doch das sind alles Dinge, die in ihrer Hand liegen. Die Einteilung (Klassifizierung) in einer Startklasse gehört leider zu den Dingen, wo Krawzow nicht aktiv eingreifen kann. In regelmäßigen Abständen werden die Athleten sportmedizinisch und aktiv in ihrer Sportart überprüft. Hier gab und gibt es immer wieder fragliche Urteile, die im schlimmsten Fall dazuführen, dass Sportler ihre Karriere beenden müssen. 2021 wurde auch Elena Krawzow wieder geprüft. Obwohl ihre Sehkraft abnahm, wurde sie neu klassifiziert und höher gestuft (von S12 zu S13). Nun muss sie mit Athletinnen in einer Startklasse zusammen schwimmen, die deutlich besser sehen können als sie. "Das ist schon ein Widerspruch, den man erst mal verkraften muss“, sagte Ute Schinkitz, die Bundestrainerin des deutschen Para Schwimm-Teams vor Tokio. Auch Krawzow kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen:

Es ist ein ewiges Hin und Her bei allen Athleten: Mal schwimmt man in der Startklasse 12, dann wieder in der 13. Wir sind alle schon gegeneinander geschwommen.

Die Qualitäten eines echten Weltklasseathleten sind jedoch, sich von diesen Dingen nicht ablenken zu lassen und sich auf das zu fokussieren, was man sebst beeinflussen kann. Dies hat Krawzow getan. In mehreren Höhentrainingslagern in der Sierra Nevada (Spanien) sammelte sie Kilometer im Wasser und Stunden im Kraftraum bis zur Erschöpfung, und manchmal sogar darüber hinaus. Dies machte sich jetzt alles bezahlt im 100m Brustrennen. Für die ersten 50m benötigte sie, wie für gewöhnlich, wieder etwas mehr Zeit um in Fahrt zu kommen. Nach der Wende zündete sie dann den Turbo und schob sich an die Spitze. Mit einer Zeit von 1:13,46 Minuten erreichte sie das Ziel und darf sich nun Paralympicssiegerin nennen.

@Florian Schwarzbach/ DBS

Ich habe eigentlich gar nicht realisiert, dass die Britin vor mir war. Ich habe einfach alles gegeben und habe gehofft, dass es reicht. Das Gold bei den Paralympics war das einzige, was mir noch gefehlt hat. Dass es in Rio nicht geklappt hat und heute dann doch, macht es für mich umso schöner. Die Medaille ist echt schwer. Ich hoffe, ich habe morgen keinen Muskelkater.

Im gleichen Rennen platzierte sich ihre Trainingskollegin vom Berliner Schwimmteam, Marlene Endrolath mit 1:20,79 Minuten als Achte. 

Youngster Mira-Jeanne Maack konnte sich nicht für das 100m Brustfinale qualifizieren.

Radsport: Annika Zeyen erkämpft sich Silber

Handbikerin Annika Zeyen gehörte auch im kombinierten Straßenrennen der Klassen H1-H4 zu den Besten. Über die 26,4km lange Strecke formierte sich gleich von Beginn an ein Dreiergespann mit Zeyen, der Niederländerin Jennette Jansen und der US-Amerikanerin Alicia Dana. Zwischenzweitlich verlor Zeyen etwas den Anschluss und lag 2 Sekunden zurück. Jansen setze kurz vor dem Ziel eine Attacke und gewann mit sechs Sekunden Vorsprung vor Zeyen.

@Oliver Kremer/ DBS

Für mich ist diese Silbermedaille wie Gold. Das Rennen war mit der H4 zusammen, das sind Athletinnen, die von ihrer Behinderung deutlich weniger eingeschränkt sind, Jennette hat keine Beine und dadurch weniger Gewicht und auch komplette Rumpfstabilität. Es heute für mich nicht besser laufen können.

Andrea Eskau platzierte sich im Straßenrennen über 66km als Vierte. 

@Oliver Kremer/DBS


Der Anstieg hier war einfach zu lang für mich. Das waren dreieinhalb Kilometer nur bergauf, und die anderen Mädels aus meiner Kategorie haben ja keine Beine und sind dann so leicht, dass ich gleich gemerkt habe, diese Leistungswerte kann ich nicht mitgehen. Mehr war heute einfach nichts drin, und dann geht das für mich auch so in Ordnung.

Basketball: Eine Medaille zum Greifen nah

Die deutschen Basketballerinnen haben ihr Viertelfinalspiel gegen Spanien mit 57:33 klar für sich entschieden. Deutschland hat damit am Donnerstag die Chance, nach Silber 2008 und 2016, sowie Gold 2012 in London, zum vierten Mal in Folge nach Edelmetall zu greifen. 

@Steffie Wunderl/ DBS

Die erste Halbzeit hat sich so schwierig gestaltet, wie wir dies erwartet haben. Die Spanierinnen haben sehr emotional und aggressiv agiert und wir konnten erst nach der Pause unsere Stärken einbringen. Damit haben wir sie dann müde gemacht und stehen nun unter den besten vier der Welt. (Bundestrainer Dennis Nohl)

Verfasst von Yvonne Glöde

Erschienen in Para Sport, Tokio 2021 am 02. September 2021

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