Billard/Snooker

Reanne Evans und Ng On Yee erhalten Startplätze auf World Snooker Tour

Noch nie konnte sich eine Frau für die Profi-Tour des Snooker-Weltverbands qualifizieren. Das ändert sich nun, denn ab nächster Saison erhalten die zwei besten Spielerinnen der Frauen-Tour eine Startberechtigung.

Snooker gilt als „Gentlemen’s Sport“ und liegt fest in Männerhand. Das hat sich seit dem 19. Jahrhundert, als der Sport vom britischen Offizier Sir Neville Francis Fitzgerald Chamberlain erfunden wurde, nicht geändert. Dabei gehört Snooker wie der Schießsport, Reitsport oder Darts zu den Sportarten, in denen das Geschlecht keine Rolle spielen sollte. Frauen sind im Snooker weder körperlich noch mental im Nachteil. Trotzdem hat noch nie eine Frau den Sprung in das Hauptfeld der renommierten Snooker-Weltmeisterschaft in Sheffield geschafft oder sich regulär für die World Snooker Tour, der Profi-Tour des Weltverbands WPBSA, qualifiziert.

Zumindest Letzteres ist nun Geschichte, denn ab nächster Saison nehmen die Engländerin Reanne Evans und Ng On Yee aus Hongkong, die Nummer 1 und 2 bei den Frauen, an der Profi-Tour teil. Während sich die ersten 64 Spieler:innen der WPBSA-Weltrangliste direkt für die World Snooker Tour qualifizieren, sind die Restplätze hart umkämpft. Dass nun die besten zwei Spielerinnen der World Women´s Snooker Tour automatisch für die Profi-Tour startberechtigt sind und nicht wie andere Spieler:innen über die Qualifikations- sowie Kontinentalturniere gehen müssen, kam nicht überall gut an. Vor allem in den sozialen Medien wurde beanstandet, dass das Niveau der Frauen-Tour im Vergleich zu den anderen Turnieren doch geringer sei.

Frauen im Snooker keine Neuheit

Bereits 2010 bekam Reanne Evans, zwölffache Weltmeisterin bei den Frauen, dank einer Wildcard die Chance, an der Profi-Tour der WPBSA teilzunehmen. Sie konnte jedoch nicht überzeugen und musste diese nach zwei Jahren als Weltranglisten-Letzte wieder verlassen. Seitdem hat sich Ng On Yee, ihrerseits dreifache Weltmeisterin, als ihre größte Konkurrentin etabliert.

Während Snooker vor allem in Großbritannien und Asien beliebt ist, fristet diese Sportart in Deutschland eher ein Schattendasein - sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Momentan ist keine deutsche Spielerin auf der Frauen-Tour vertreten. Dafür gelang Diana Stateczny 2019 der Sieg bei der Amateur-Europameisterschaft. Und auch Diana Schuler, gleichzeitig im Vorstand des Frauen-Weltverbands tätig, vertritt Deutschland regelmäßig bei Weltmeisterschaften.

PIXNIO-290297-3678x2462.jpg Kaum deutsche Frauen im Snooker vertreten. Foto: Pixnio

Dennoch gelang es bisher keiner Spielerin, in der Profi-Weltspitze Fuß zu fassen. Dabei sind Frauen im Snooker keine Neuheit. Bereits vor 40 Jahren gründeten die Spielerinnen einen Verband, welcher aber erst 2015 an den WPBSA angegliedert wurde. Mittlerweile umfasst die World Women´s Snooker Tour mehr als 150 Spielerinnen aus 29 Ländern. Seit 1976 werden zudem Weltmeisterschaften ausgetragen. Dass Frauen in der Snooker-Weltspitze kaum eine Rolle spielen, obwohl ihnen zumindest theoretisch alle Türen offen stehen, hat vielerlei Gründe, auch historische.

Lange war der Snooker-Sport nur Männern vorbehalten, Frauen waren zwar geduldet, aber nicht willkommen. Bis heute gibt es in Großbritannien sogenannte „Men Only“-Clubs und –Turniere. Außerdem können im Gegensatz zu einem Großteil der männlichen Spieler Frauen nicht von ihrem Sport leben und müssen sogar nebenbei arbeiten, um sich zu finanzieren. Das betrifft auch Spielerinnen wie Reanne Evans, die seit Jahren den Sport dominiert.

Frauen-Snooker leidet unter fehlenden Investitionen und geringer Sichtbarkeit

Es ist das altbekannte Dilemma, welches so typisch für Frauensport ist: Es wird kaum in Frauen-Snooker investiert, Sponsorengelder fließen eher in den Männersport. Spielerinnen können kein Geld mit ihrem Sport verdienen, wieso sollten sie sich also für eine Karriere im Snooker entscheiden? Fehlende TV-Präsenz und eine geringe Sichtbarkeit tun ihr übriges. Es fehlen weibliche Vorbilder, so dass Mädchen erst gar nicht auf die Idee kommen, zum Queue zu greifen. Das Ergebnis ist eine dünne Basis ohne starke Leistungsspitze. Während sich die männlichen Spieler also vollends auf ihren Sport konzentrieren können, müssen die Spielerinnen ums Überleben kämpfen und werden so nie den Vorsprung aufholen können.

Die Frauen-Tour nun als offiziellen Qualifikationsweg für die Profi-Tour anzuerkennen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Immerhin soll Snooker bald olympisch werden. Doch die Aufnahme in das Programm der Spiele 2024 scheiterte unter anderem auch daran, dass Snooker immer noch, wenn auch inoffiziell, ein „Gentlemen´s Club“ ist.

Katarina Schubert

Katarina Schubert

Erschienen in Billard/Snooker am 23. März 2021

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