Leichtathletik

Lisa Mayer vor Comeback – mit Vorfreude und Respekt

Lisa Mayer galt als eins der großen Sprinttalente in der Leichtathletik, doch dann folgte eine Verletzungsmisere nach der anderen und damit der tägliche Kampf, sich und seine Träume nicht aufzugeben. Im Olympia-Jahr wagt die Leichtathletin ein weiteres Comeback.

Das letzte Mal, dass Lisa Mayer auf der Bahn stand und das Kommando „Auf die Plätze“ hörte, war im Februar 2018. Es war ein knackig kalter Wintertag und die Athletin vom Sprintteam Wetzlar, die sich drinnen in der Leichtathletikhalle in Karlsruhe auf Ansage in den Startblock setzte, wusste nicht, dass sie dies zum letzten Mal für längere Zeit tun würde. Gerade hatte sie sich nach Verletzungsproblemen im Vorjahr zurückgearbeitet und sich für 2018 ein großes Ziel gesetzt: die Europameisterschaften in Berlin. Hier wollte sie unbedingt dabei sein und vor heimischem Publikum zeigen, was in ihr steckt.

Lisa Mayer lief an diesem Tag im Februar die 60 Meter in 7,12 Sekunden – so schnell war die damals knapp 22-Jährige noch nie gelaufen. Im Ziel strahlte sie. Die Form für die Sommer-Saison schien perfekt. Doch anstatt einige Monate später bei den Europameisterschaften auf der blauen Bahn in Berlin zu stehen, saß die Frankfurterin als Zuschauerin auf der Tribüne. Oberschenkelprobleme machten schnelles Sprinten unmöglich. „Nach der Saison 2018 habe ich gesagt: Nächstes Jahr muss echt besser werden. Noch so ein Jahr packe ich nicht“, sagt die Sprinterin gegenüber Sportfrauen.

Doch das Jahr 2019 wurde für Lisa Mayer keineswegs besser. Trotz behutsamen Saisonaufbaus machten ihr muskuläre Probleme, gepaart mit immer wieder auftretenden grippalen Infekten, einen Strich durch die Rechnung. Wieder vergeht ein Leichtathletik-Saisonhöhepunkt ohne die schnelle Frau aus Hessen, diesmal eine WM in Doha, Katar. Bei Lisa Mayer kommen Zweifel auf: „Klar fragst du dich in solchen Momenten: Bin ich überhaupt für den Leistungssport geschaffen?“

Lisa Mayer – Eine Karriere wie im Bilderbuch

Dass ihr Körper eigentlich zu Höchstgeschwindigkeiten fähig ist, hat sie in jungen Jahren bereits unter Beweis gestellt. Die Karriere der U20-Vize-Europameisterin über 100 Meter lief bis dato bilderbuchhaft. Mit gerade mal 20 Jahren hatte sie schon eine EM-Bronzemedaille mit der 4x100 Meter-Staffel vorzuweisen, sowie einen vierten Platz mit der Staffel bei den Olympischen Spielen 2016. In London stand die Sprinterin auch im Halbfinale über 200 Meter, ihrer Paradedisziplin. Doch seit 2017 kämpfte sie immer wieder mit Verletzungen.

„Ich habe gelernt geduldig zu sein“

In all der Zeit dachte Lisa Mayer nie ernsthaft ans Aufgeben. „Ich habe gelernt geduldig zu sein“, sagt sie. „Mein Körper ist sensibel, das musste ich erst akzeptieren. Es bringt nichts nach links und rechts zu den anderen Sportlern zu gucken und sich stressen zu lassen. Ich muss mich auf mich selber konzentrieren.“ Keine einfache Aufgabe inmitten der Olympia-Vorbereitung. Beim Saisonhöhepunkt in Tokyo will die Frankfurterin nächsten Sommer endlich wieder mit dabei sein.

Erst vor wenigen Tagen ist sie aus einem Trainingslager auf Lanzarote zurückgekommen und das positiv gestimmt, denn das Training lief gut, erzählt sie. Dafür hatte Lisa Mayer noch mal einiges umgestellt: Um ihre Fitness kümmert sich mittlerweile ein ganzes Trainer-Team. Neben Head-Coach Rüder Harksen sind das auch ein medizinisches Team, ein Athletikcoach und eine Mentaltrainerin, die sich alle regelmäßig untereinander abstimmen.

Lisa_Mayer-4.jpg Lisa Mayer bereitet sich auf ihr Comeback vor.

„Mich hat diese Reise wachsen lassen“

Das Mentaltraining wird Lisa sicher auch helfen, wenn es Anfang des neuen Jahres mit Beginn der Hallen-Saison wieder in den Startblock geht. Denn beim Gedanken an ihr erneutes Comeback verspürt die Frankfurterin zwar Bauch-Kribbeln und Vorfreude, aber natürlich auch großen Respekt. „Ich werde mit meiner Mentaltrainerin diese Situation so vorbereiten, dass weder Angst noch Unsicherheit präsent sind“, sagt Lisa. Ein Trick sei dabei unter anderem, gezielt an Erfolgsläufe zu denken.

Vielleicht wird Lisa Mayer also ihren bislang schnellsten Hallen-Sprint in Karlsruhe im Kopf haben, kurz bevor sie in den Startblock steigt. Sicher aber wird sein, dass sie mit Mut aus dem Block geht: „Ich rate allen Frauen, ob Sportlerinnen oder nicht: Habt die Kraft eure Ziele weiter zu verfolgen. Mich hat diese Reise unglaublich wachsen lassen. Ich habe viel über mich selbst gelernt und bin dadurch noch stärker geworden.“

Verfasst von Christiane Schwalm

Erschienen in Leichtathletik, Sportarten am 19. Dezember 2019

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