Volleyball

Schneeprinzessin und Zickenkrieg: Kommentar zu Bericht über Dorothea Wierer

Die Biathlon WM in Antholz sorgt in den Medien für Gesprächsstoff – allerdings auch für Schlagzeilen, die mit Sportberichterstattung wenig zu tun haben. Ein Kommentar über einen Bericht zur italienischen Biathletin Dorothea Wierer, der besser zur BILD Zeitung gepasst hätte als zu einer regionalen Tageszeitung.

Schneeprinzessinnen, Wimpern klimpern, Zickenkrieg. Man könnte meinen, mit diesen Worten würden die Darsteller einer Daily-Soap beschrieben. Doch es geht um die italienische Biathletin Dorothea Wierer bei der Biathlon-WM in Antholz. Unter zahlreichen Berichten aus dem Fußball und Eishockey – natürlich aus dem Männersport – ist dies am Wochenende der einzige Artikel über Frauensport im Online-Bereich der Augsburger Allgemeinen. Unter dem Titel "Wierer gegen Vittozzi: Zickenkrieg geht in die nächste Runde" berichtet der Redakteur am 13. Februar über die Biathlon WM in Antholz und darüber, dass "Dorothea Wierer DAS Gesicht der Biathlon-Weltmeisterschaft" sei.

Von sportlichen Erfolgen keine Rede

Ich habe mich beim Lesen dieser wenigen Zeilen wirklich geärgert. Es geht in dem Artikel um den Konkurrenzkanpf zwischen Wierer und ihrer Teamkollegin Lisa Vittozzi, der als Zickenkrieg zwischen Aschenputtel und Prinzessin beschrieben wird. Es geht um Wierers Fotos im Badeanzug, um Make-up beim Sport und um Glamour Girls. Von sportlichen Erfolgen und Herausforderungen keine Rede. Schade. Auch die Süddeutsche Zeitung berichtet über den Streit der beiden Athletinnen – als eine Auseinandersetzung unter Sportlerinnen. Zwar ist auch hier die Rede von einer "Seifenoper mit Happy End", doch sie wird eingeordnet in die sportliche Vorbereitung auf die WM – die letztlich für das italiensiche Team zu Silber in der Mixed-Staffel führte.

Was auch erstaunt: Der Artikel gehört zu den meistgelesenen Beiträgen an diesem Wochenende im Sport der Augsburger Allgemeinen. Mit über 32 Millionen Seitenaufrufen ist augsburger-allgemeine.de das reichweitenstärkste Nachrichtenportal in Bayern. Und hat damit doch eine Verantwortung, oder? Ein solches Portal prägt Meinungen in der Gesellschaft und festigt ein Bild über Sportlerinnen. Eine Berichterstattung in dieser Form transportiert genau eines: Dass Frauen im Sport vor allem dann gesehen werden, wenn sie hübsch aussehen und vermeintlich zickig sind – und nicht dann, wenn sie tolle Leistungen zeigen.

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Keine Seltenheit bei Berichten über Frauen im Sport

Vor einigen Monaten haben wir bereits darüber berichtet, dass Frauensport in den Medien deutlich weniger präsent ist und vor allem die Art der Berichterstattung sich unterscheidet. Statt so viele Spielszenen wie bei den Männern zu zeigen, sind Frauen in Sportwettkämpfen häufiger auf der Reservebank zu sehen, wie sie ihre Mitspielerinnen anfeuern, tuscheln oder sich umarmen, wenn sie einen Sieg feiern. Wörter wie „hübsch“ oder „süß“ sind dabei keine Seltenheit, außerdem fehlt bei Übertragungen der Fußball-Länderspiele der Frauen selten der Hinweis, dass die Teams gegen Männermannschaften aus der Regionalliga kaum eine Chance hätten.

Der Bericht über Dorothea Wierer passt genau zu diesen Beobachtungen. Er passt aber definitv nicht ins 21. Jahrhundert. Und sollte auch nicht in einem als neutral erscheinenden Bericht einer regional so prägenden Zeitung erscheinen. Wenn das die Meinung des Redakteurs wiederspiegelt, dann sollte er seinen Beitrag bitte auch als Meinungsbeitrag kenntlich machen. Und sollte das tatsächlich seine Meinung sein, sollte er vielleicht auch sein Frauenbild einmal überdenken.

Verfasst von Nina Probst

Erschienen in Biathlon, Meinung am 16. Februar 2020

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