Volleyball

Hanke beendet Volleyball-Karriere – Imoudu neue Stamm-Zuspielerin

Schwere Entscheidung: SSC- und Nationalmannschaftskapitänin Denise Hanke beendet ihre Volleyballkarriere. Für sie kommt nun Denise Imoudu zurück ins Team und übernimmt den Platz der Zuspielerin.

20 Jahre Volleyball, 13 Jahre Nationalspielerin mit 240 Länderspielen, elf Jahre beim und 390 Spiele für den SSC, einmal Europavizemeisterin, sechs Meistertitel, dreimal DVV-Pokalsieger, dreimal Supercup, zweimal MVP der Liga, unzählige weitere nationale und internationale Erfolge – und nun ist Schluss, sagt Denise Hanke: Die Kapitänin und Zuspielerin des SSC Palmberg Schwerin und der deutschen Schmetterlinge, berühmt-berüchtigt für ihre Hammeraufschläge und ihre „linke Klebe“, sagt dem Volleyball ade. Die 30-Jährige wird beim SSC-Partner HELIOS Kliniken die Leitung des betrieblichen Gesundheitsmanagements übernehmen.

"Schwerste Entscheidung, die ich je getroffen habe"

„Die Entscheidung, nach dieser Saison aufzuhören und ein neues Kapitel anzufangen, hatte schon länger festgestanden“, so Hanke. „Der Plan war aber, mit dem besten Team, das ich je hatte und das mir echt so ans Herz gewachsen ist, noch einmal Meister zu werden und dann zu gehen, wenn es am schönsten ist. Nach dem Abbruch der Saison bin ich deshalb noch mal heftig ins Wanken geraten.“ Nach einer so langen, glänzenden Karriere sang- und klanglos abtreten – ohne Titelkampf, ohne richtigen Abschluss? „Das war meine schwerste Entscheidung, die ich je getroffen habe, da habe ich lange mit mir gerungen. Aber am Ende wäre die einzige Motivation für eine weitere Saison gewesen, wenn das exakt gleiche Team noch mal angetreten wäre, um zusammen zu Ende zu bringen, was wir angefangen hatten und uns gemeinsam den Abschluss zu bescheren, den wir verdient haben. Das geht aber nicht, und ich muss auch nichts mehr beweisen. Da lasse ich den SSC lieber neu aufbauen.“

Bundes- und Clubtrainer Felix Koslowski geht damit seine wichtigste Spielerin verloren: Er muss jetzt eine neue Regie, eine neue Führungskraft finden, eine neue Schlüsselfigur auf dem Feld, das Verbindungsglied zwischen Team und Trainer, national wie im Verein. Das schmerzt, wenn man 13 Jahre lang gemeinsam einen Weg gegangen ist – und mehr als „nur“ ein Trainer-Spielerin-Gespann wurde. „Ich bin ein Riesenfan von Denise und als Trainer und Volleyballfan sehr traurig, wenn so eine Spielerin ihre Karriere beendet. Ich hatte nie eine Kapitänin mit einer solchen Sozialkompetenz wie Nisi, ich hätte mir keine bessere wünschen können. Wir haben eine große Vertrauensbasis, ich habe sie in allen Dingen um Rat und ihre Meinung gefragt und ihre Erfahrung und Unterstützung sehr geschätzt.“ So ungern er darauf verzichtet, sagt er aber auch: „Dass Nisi sich jetzt zurückstellt und anderen Platz macht, um zu reifen und in ihre Fußstapfen treten zu können, zeigt ihre Größe und wie gut sie den Sport versteht.“

DeniseundFelix, Michael Dittmer.jpg Gutes Team: Felix Koslowski und Denise Hanke. Foto: Michael Dittmer

Sinnvolle Freizeit, kein Kindheitstraum

Dabei war es alles andere als ein verheißungsvoller Moment, als die gebürtige Berlinerin zur Jahrtausendwende zum ersten Mal mit Volleyball in Berührung kam: „Als ich da mal zum Kiddietraining geschickt wurde, ging es eigentlich nur um eine sinnvolle Freizeit. Ich hatte nie den Kindheitstraum, mal Nationalspielerin zu werden. Und dann konnte ich das gut, und es haben mich immer wieder Leute in die richtige Richtung geschoben. Ich habe meine Karriere nie so geplant, vieles kam schicksalsmäßig, ist mir praktisch vor die Füße gefallen. Ich musste es nur aufheben und machen.“

2007 entschied sich die damals knapp 18-jährige VCO-Spielerin, von etlichen möglichen Angeboten das des SSC „aufzuheben“. Nach nur einem Jahr wurde die Linkshänderin mit dem Hang, den zweiten Ball gern selbst ins gegnerische Feld zu hauen statt an den Angriff weiterzugeben, hier zur Stamm-Zuspielerin. 2009 kam der erste Meistertitel, 2011 der nächste. Ihre Trainer in Verein und in der Nationalmannschaft hießen Tore Aleksandersen, Teun Beuijs, Giovanni Guidetti.

Auslandserfahrung – und die Rückkehr zum SSC

Nach dem Doppel-Double Meister und Pokalsieger 2012 und 2013, nach Champions League-Spielen und der EM 2013 in heimischer Halle – „Das waren überragende Jahre, da hat man die Siege noch mit Unbekümmertheit gerockt.“ – machte sie den Schritt ins Ausland, erst zum türkischen Top-Club Eczacıbaşı Istanbul, danach ins polnische Wrocław. Glücklich wurde die Zuspielerin dort nicht, kehrte 2015, nun unter Chefcoach Koslowski, nach Schwerin zurück – und damit sukzessive in die Erfolgsspur: Ab 2017 kamen wieder die Titel. Mit den Jahren und wachsender Erfahrung übertrugen Trainer und Verein der Zuspielerin immer mehr Verantwortung. „Die Erwartungshaltung war sehr hoch. Mit dem Wissen, du bist jetzt der Erfolgsgarant, habe ich gut ein, zwei Jahre gekämpft, bis ich das verinnerlicht hatte. Aber dass der SSC von Anfang an so viel Vertrauen in mich gesetzt hat, mir so viel ermöglicht hat, dafür bin ich ewig dankbar.“

Diese „Paradekarriere einer Profisportlerin“, wie Felix Koslowski ihren Werdegang nennt, noch mit einem Triumph zu krönen, blieb ihr nun verwehrt. „Ich freu mich total auf die Perspektive und diese neue Herausforderung bei den HELIOS Kliniken. Es tröstet mich auch sehr, dass ich damit in Schwerin bleiben und weiter meine Nase beim SSC reinstecken kann. Trotzdem würde ich den Abschied gern noch nachholen. Mein großer Traum dafür ist, dass wir im Sommer 2021 ein Abschiedsspiel mit dem Dreamteam dieser Saison machen und noch mal alle, Verein, Fans und Spielerinnen, zusammen feiern“, so Hanke.

Glückwünsche für den neuen Lebensabschnitt

„Wir werden alles tun, um das zu ermöglichen“, verspricht Michael Evers aus der SSC-Teamleitung. „Mit Denise geht eine ganz große, ganz wichtige Spielerin des deutschen Volleyballs. Allein, dass jemand einem Verein über so lange Jahre die Treue hält, so ein integraler Bestandteil wird, ist inzwischen sehr außergewöhnlich, und dafür können wir ihr kaum genug danken. Wir lassen sie nicht gern gehen, weil sie einfach zu uns gehört. Aber natürlich wünschen wir ihr nur das Beste für ihre Zukunft und freuen uns immer, sie in der PALMBERG ARENA zu sehen.“

Denise Hanke, FlorianSeubert2.jpg Denise Hanke blickt auf zahlreiche Erfolge zurück. Foto: Florian Seubert

Dann hoffentlich auch wieder im großen Kreis der treuen SSC-Anhänger. „Ich bin den Fans unglaublich dankbar für ihre Unterstützung all die Jahre. Es war immer ein Fest, in der PALMBERG ARENA zu spielen und auch auswärts auf ihre Unterstützung zählen zu können“, betont Denise Hanke. „Ich wünsche mir sehr, dass alle diesem tollen Club auch weiter so zur Seite stehen, auch für die nächste Saison wieder ihre Dauerkarte kaufen, egal was kommt.“

Denise Imoudu neue Stamm-Zuspielerin

Zumindest an den Vornamen ihrer neuen Stamm-Zuspielerin müssen sich der SSC Palmberg Schwerin und seine Fans nicht gewöhnen: Denise Imoudu übernimmt beim Volleyball-Rekordmeister den Regieposten von Denise Hanke, die letzte Woche ihr Karriereende bekanntgab. Imoudu hatte bereits 2013 bis 2015 in Schwerin gespielt und hier auch ihr Abitur gemacht. Nun komm die 24-Jährige nach Stationen in Hamburg, Aachen und zuletzt Potsdam für zwei Jahre in den Norden zurück.

Denise Imoudu (1,79 Meter), geboren am 14. Dezember 1995 in Schwedt, begann in ihrer Heimatstadt mit dem Volleyballspiel, bevor sie 2011 über den VCO Berlin in die Bundesliga einstieg und ab 2013 sukzessive in Schwerin, Hamburg, Potsdam und Aachen spielte. Mit Aachen zog sie 2018/19 sowohl im DVV-Pokal als auch in der Meisterschaft ins Halbfinale ein. Auch für die Nationalmannschaft war Denise Imoudu schon mehrfach im Einsatz.

Verfasst von Kathrin Wittwer/SSC

Erschienen in Volleyball am 29. April 2020

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