Tennis

Nach Lockdown und OP: Fechterin Anne Sauer kämpft sich zurück

ExklusivAnne Sauer erholt sich gerade noch von einer OP – doch sie macht gute Fortschritte. Anfang 2021 will die 29-Jährige im Fechten wieder angreifen. Vorausgesetzt, die Corona-Pandemie lässt ihr Comeback zu.

Anne Sauer (29) ist Florettfechterin und seit vielen Jahren im deutschen Kader vertreten. Schon achtmal hat sie die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Als Sportsoldatin bei der Bundeswehr konzentriert sie sich voll auf ihren Sport, kann aber dennoch auf ein abgeschlossenes Lehramtsstudium und eine Ausbildung als Fitnesstrainerin zurückblicken. Aktuell absolviert sie zusätzlich über ein Fernstudium den Personaltrainer.

Das Jahr 2020 sollte eigentlich als Olympiajahr in Annes Karriere eingehen – doch dann kam alles anders. Erst die Corona-Pandemie, dann eine schnell wachsende Zyste an ihrem Bein. Auf Home-Workouts bei Instagram folgten Bettruhe und nun Reha. Wie die Baden-Württembergerin das Coronajahr bisher erlebt hat und welche Ziele sie sich nun setzt, erzählt sie Sportfrauen im Interview.

Anne, wie lief deine OP?

Die OP ist gut gelaufen, die Befunde danach waren alle positiv. Jetzt bin ich in Bonn in Reha und habe mittlerweile auch wieder bei niedriger Intensität mit dem Training angefangen. In den Wochen nach der Operation hat mir extrem die Struktur durch den Sport gefehlt. Ich bin total froh, dass ich jetzt wieder weitermachen kann.

Aufgrund der Corona-Pandemie hast du ja auch nicht viel verpasst.

Das stimmt, da hatte ich Glück im Unglück. Wobei mich die Pause trotzdem hart angekommen ist. Meine Trainingsgruppe hat nach dem Lockdown wieder mit dem Training begonnen – und ich durfte nicht. Stattdessen konnte ich quasi zusehen, wie meine Muskeln nach und nach verschwunden sind.

Wann wirst du wieder angreifen?

Ich habe gute Fortschritte gemacht und Muskulatur aufgebaut. Zwar sind die Kraftwerte im linken Bein noch nicht dieselben wie rechts, aber ich denke, bis Januar sollte ich wieder 100 Prozent fit sein. In der zweiten Januarwoche soll es dann auch wieder den ersten Weltcup geben. Das ist nun mein nächstes Ziel. Eventuell finden Ende November noch Deutsche Meisterschaften statt, aber die werde ich wahrscheinlich noch nicht fechten können.

"Auf Instagram habe ich viel positives Feedback bekommen, das war total motivierend."

Eigentlich hätte die Saison schon angefangen, oder?

Genau. Normalerweise starten wir Ende August mit der Vorbereitung und fechten dann im Oktober oder November den ersten Weltcup. Die internationale Saison zieht sich dann bis Mai. Doch aktuell ist das noch nicht möglich. Bei den Weltcups starten rund 180 Mädchen und Frauen aus aller Welt, plus Trainer und Betreuer ist man da schnell bei 500 Menschen in der Halle. Um kein Risiko einzugehen bezüglich Corona wurden daher die Weltcups in diesem Jahr abgesagt.

Während des Lockdowns hast du viele Home-Workouts über Instagram gezeigt. Wie hast du die Zeit erlebt?

Am Anfang war das alles schon sehr, sehr komisch. Zuhause eingesperrt zu sein und nicht wirklich trainieren zu können hat sich nicht richtig angefühlt. Doch dann habe ich die Zeit genutzt, eine kleine Pause einzulegen und an meinen Schwächen zu arbeiten. Zum Beispiel an der seitlichen Bauchmuskulatur. Mit Workouts, Yoga und Meditation habe ich mich daher die ganze Zeit über fit gehalten. Und auf Instagram habe ich viel positives Feedback bekommen, das war total motivierend. Und dann kam ja sowieso die Operation.

Welche Pläne hattest du für 2020 eigentlich?

Im März hätte der letzte Qualifikations-Wettkampf für die Olympischen Spiele stattgefunden. Die Quali im Februar lief leider nicht so besonders gut, aber da hätten wir noch die Chance gehabt, unser Ticket zu sichern. Im Juni wären dann die Europameisterschaften gewesen und kurz danach eben Olympia.

Dann ist Tokio 2021 jetzt dein Ziel?

Ja, Olympische Spiele würde ich natürlich sehr gerne erreichen. Daher hatte ich mich auch schon vor der Corona-Pandemie entschieden, noch ein paar Jahre weiter zu fechten. Auch eine Medaille bei den Weltmeisterschaften wäre noch toll. Doch momentan kann man ja keine wirkliche Voraussage treffen, welche Meisterschaften tatsächlich stattfinden. Daher erfreue ich mich an den kleinen Dingen, Fortschritte im Training zum Beispiel oder zur Abwechslung mal eine Partie Spike Ball zu spielen. Ich habe nach wie vor riesigen Spaß an meiner Sportart und das motiviert mich.

„Ach, das ist doch das, was der Zorro macht.“

Wie bist du eigentlich zum Fechten gekommen?

Ich war als Kind nie wirklich ausgelastet und habe daher mit meinen Eltern nach einem passenden Sport gesucht. Nicht weit von meinem Heimatort entfernt ist der Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim. Dadurch war Fechten bekannt und ich wollte es einfach mal ausprobieren. Also bin ich zu einem kleineren Verein bei uns in der Nähe und recht schnell wurde ich dann zu einem Training beim Stützpunkt eingeladen. Schon während der Zeit auf dem Gymnasium haben mich meine Eltern ständig die Strecke dorthin gefahren. Zwar wohne ich nun in Bonn und trainiere am Stützpunkt der Männer, trotzdem bin ich noch häufig hier in Tauberbischofsheim.

Dann hat aus deiner Familie oder dem Freundeskreis gar niemand gefochten, von dem du dich hättest inspirieren lassen können?

Nein. Alle Freunde, die fechten, habe ich erst während meiner eigenen Sportkarriere kennengelernt. Als ich damals in der Schule mit dem Fechten angefangen habe, kannten das viele nicht. Da kamen dann Aussagen wie „Ach, das ist doch das, was der Zorro macht.“ Stimmt ja auch. Viele Freunde von früher haben es aber mittlerweile mal mit mir ausprobiert und selbst erlebt, was zum Fechten alles dazugehört.

Und was ist das?

Sich tagtäglich mit anderen zu messen und dabei immer aufs Neue zu verbessern finde ich total faszinierend. In einem Wettkampf kann man sich keine Sekunde zurücklehnen, sondern muss immer zu 100 Prozent konzentriert sein. Die Komplexität reiz mich. Beim Fechten muss man schnell sein, mental fit, athletisch und taktisch was draufhaben.

Es geht dabei vor allem darum, sich seine Stärken bewusst zu machen und an sich zu glauben.

Was zeichnet dich als Fechterin aus?

Ich bin total willensstark und ehrgeizig und würde niemals aufgeben. Ich kann mich außerdem gut konzentrieren und habe eine gute Reaktionsfähigkeit. Um diese Fähigkeiten auszubauen, habe ich lange mit einem Mentaltrainer gearbeitet, mittlerweile gibt es auch tolle Apps dafür. Es geht dabei vor allem darum, sich seine Stärken bewusst zu machen und an sich zu glauben. Das hilft auch, nach Rückschlägen wieder zurückzukommen und sich weder durch eine Verletzung noch durch Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie demotivieren zu lassen.

Erschienen in Kampfsport am 14. Oktober 2020

Weitere Artikel