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Mit über 100 Sachen hat Bob-Pilotin Laura Nolte ihre nächsten Titel fest im Blick

ExklusivAuf der Bobbahn in Winterberg steht am Wochenende ein Weltcup an inklusive Europameisterschaft. Für Bob-Pilotin Laura Nolte die nächste Gelegenheit, sich mit der Konkurrenz zu messen. Die kommt vor allem aus dem eigenen Team.

Mit gut mehr als 100 Kilometer pro Stunde rast der Zweierbob von Laura Nolte die vereiste Bahn in Innsbruck hinunter. Doch am Ende fehlen 18 Hundertstel auf die führende Stefanie Schneider. Ihre Teamkollegin. Laura Nolte steigt aus dem Bob, schüttelt kurz den Kopf und klatscht dann mit ihrer Anschieberin Deborah Levi ab. Immerhin Silber beim vierten Weltcup der Saison. Doch gerade die Konkurrenz aus dem deutschen Team ist enorm. Mit Stefanie Schneider, Kim Kalicki und Mariama Jamanka hat Laura Nolte drei starke Pilotinnen um sich. „Das hat sich vergangenes Jahr schon angedeutet. Wir vier fahren auf einem Niveau, da darf man niemals lockerlassen“, sagt Nolte.

Nächste Chance: Weltcup und EM in Winterberg

28_NOLTE_FIEBIG_KALICKI_WC_INNSBRUCK_2020_2021©VIESTURS.jpeg Drei Podestplätze in Innsbruck, drei deutsche Teams. Foto: Viesturs

Der Umgang untereinander ist trotzdem fair. Aktuell haben die Pilotinnen und Anschieberinnen sowieso wenig Kontakt zueinander, da sie in verschiedene Teams eingeteilt sind und sich beim Training kaum sehen. Nolte und Levi trainieren gemeinsam mit dem Team Lochner der Männer. „Aber natürlich sind wir uns immer bewusst, wie knapp es zwischen uns allen zugeht.“ Das haben die vergangenen Weltcups schon deutlich gezeigt. Häufig sind die Podest-Plätze mit deutschen Teams besetzt, zum Teil auch komplett. Nur die Reihenfolge ist meist eine andere. Am kommenden Wochenende haben Nolte und Co. wieder die Chance, sich zu messen: Vom 8. bis 10. Januar findet der Heim-Weltcup in Winterberg statt. Und der zählt gleichzeitig auch als Europameisterschaft.

"Uns ist immer bewusst, wie knapp es zwischen uns allen zugeht.“ Laura Nolte über die Konkurrenz im deutschen Team

Nach entspannten Feiertagen mit Familie und Freunden, und ein paar Trainingstagen in Altenberg ist Laura Nolte zuversichtlich nach Winterberg angereist. „Ich fühle mich fit und freue mich auf den Wettbewerb. Das ist meine erste Europameisterschaft und ein Heim-Weltcup ist sowieso immer etwas Cooles.“ Auch wenn der Heimvorteil ohne Zuschauer eher gering ausfallen wird. Und die Bahn zählt nicht unbedingt zu Noltes Lieblingsstrecken. „Die Startstrecke ist wirklich tricky. Wenn man auch nur ein bisschen zu weit läuft, kann es richtig schwierig werden. Außerdem hatten wir bislang immer Pech mit dem Wetter in Winterberg“, sagt die Sportsoldatin. Motiviert ist sie natürlich trotzdem. Mit den Amerikanerinnen und Kanadierinnen ist die Konkurrenz nun wieder größer und Nolte will zeigen, dass sie sich weiterentwickelt hat. „Und eine Medaille bei der EM wäre natürlich schön.“

Mischung aus Vollgas und Konzentration

Mit Winterberg verbindet Laura Nolte gemischte Erinnerungen. Zum Beispiel die an ihre erste Fahrt in einem Bob. Das war in der Saison 2015/16. Von der Leichtathletik kommend testete die damals 16-Jährige den Bobsport auf Empfehlung eines Trainers. „Ich erinnere mich noch gut an die erste Fahrt. Bei der Bahnbegehung habe ich mich gefragt, wie ich da herunterkommen soll. Ich war sehr nervös.“ Die Mischung aus Vollgas und Adrenalin beim Start und die Konzentration beim Lenken haben sie gleich überzeugt. Und so fährt sie mittlerweile ihre fünfte Saison.

Nicht ganz ohne negative Erinnerungen. Ebenfalls in Winterberg stürzte Nolte zu Beginn ihrer Bob-Karriere in der vorletzten Kurve schwer, sie landete auf dem Kopf. Eine extreme Gehirnerschütterung war die Folge. „Ich kann mich bis heute nicht an den Tag erinnern“, sagt sie. Mittlerweile spürt sie davon nichts mehr. Und auch Angst hat sie nicht. Aber Laura Nolte weiß: Der Respekt muss auf jeder Bahn mitfahren, um niemals die Konzentration zu verlieren.

12_NOLTE_LEVI_WC_INNSBRUCK_2020_2021©VIESTURS.jpeg Mit Anschieberin Deborah Levi in die Bahn. Foto: Viesturs

Nach dem Weltcup inklusive Europameisterschaft in Winterberg heißt es umschalten auf WM-Modus. Von Winterberg aus reist Nolte nach Sankt Moritz in die Schweiz, wo sie bei der Junioren-WM eine ganz bestimmte Aufgabe erfüllen soll: den Titel holen und damit einen vierten Startplatz für das deutsche Team bei der Weltmeisterschaft in Altenberg (1. bis 14. Februar). „Ich will den Sieg – und der wurde mir ja auch vom Verband zum Ziel gesetzt“, sagt Nolte und lacht. Die meisten Pilotinnen im Weltcup sind mittlerweile zu alt, um bei den Junioren starten zu dürfen. Mit 22 Jahren ist Nolte die jüngste Weltcup-Pilotin und malt sich nun bei den Junioren gute Chancen aus. „Zu leichtfüßig darf ich aber nicht an die Sache rangehen. Die Schweizerinnen und Russinnen sind eine große Konkurrenz und auch die beiden deutschen Pilotinnen Lisa Buckwitz und Anne Lobenstein darf ich nicht unterschätzen.“

"Ich erinnere mich noch gut an die erste Fahrt. Ich war sehr nervös."

An den Start geht Nolte bei der Junioren-WM im Zweierbob – wie immer mit ihrer langjährigen Partnerin Deborah Levi. Im Monobob, der in diesem Jahr im Weltcup der Frauen seine Premiere feierte, wird kein Wettbewerb angeboten. „Ich verstehe selbst nicht, warum“, sagt Nolte. Das heißt: Im Monobob kann sie gar keinen vierten Startplatz für die Weltmeisterschaft holen.

Premiere für Monobob der Frauen im Weltcup

Dabei hat Nolte durchaus bewiesen, dass sie den Monobob beherrscht. Bei der Premiere in Igls Mitte Dezember fuhr sie auf den zweiten Rang. „Wir hatten nur ein Training vorab, da unsere Bobs zu spät geliefert wurden“, sagt Nolte. Die Bauweise der Monobobs ist mittlerweile eine andere als 2016, als Laura Nolte damit bei der Jugend-Olympiade startete. Sie bestehen nun aus zwei Booten statt nur einem und legen sich dadurch ganz anders in die Kurven. Auch die Steuerung ist unterschiedlich. „Damals waren die Monobobs recht einfach zu fahren. Daher waren wir auch sehr skeptisch und es wurde viel geschimpft, als die Einführung für Frauen bekannt wurde. Aber ganz so einfach zu fahren sind die Bobs nicht“, gibt Nolte zu. Und immerhin ist sie am Start allein, muss die 162 Kilo selbst beschleunigen und hat dann aber weniger Gewicht auf der hinteren Achse.

16_NOLTE_Laura_MONOBOB_WC+INNSBRUCK_2020_2021©VIESTURS.jpeg Im Monobob muss Laura Nolte selbst anschieben. Foto: Viesturs

Das heißt: feinfühliger fahren und verhindern, dass der Bob hinten ausbricht. „Wir müssen die neue Disziplin jetzt annehmen und nicht unsere Energie damit verschwenden, uns darüber aufzuregen. Und immerhin ist es eine Chance auf ein paar Medaillen mehr.“ Nolte spricht damit die Problematik an, dass Frauen bislang nur im Zweierbob Medaillen holen konnten, während die Männer das auch im Viererbob können. Der ist aber für Frauen nach wie vor tabu. Als Schritt zu mehr Gleichberechtigung wurde nun von Verbandsseite eben der Monobob eingeführt und ist bald auch olympisch.

"Wir müssen die neue Disziplin jetzt annehmen und nicht unsere Energie damit verschwenden, uns darüber aufzuregen." Laura Nolte über Monobobs

Olympia 2022 in Peking das große Ziel

Apropos: Olympia 2022 in Peking steht natürlich auch auf Noltes Wunschliste. Deutschland hat schon drei Startplätze bei den Damen sicher. Für vier Pilotinnen. Wer von ihnen fahren wird, steht noch nicht fest. Eventuell wird das noch durch einen Wettkampf entschieden, oder die Trainer:innen übernehmen das anhand der Leistungen in dieser Saison. Laura Nolte gibt zu: „Es wäre für mich schon eine große Enttäuschung, wenn das nicht klappt. Schließlich gibt es Olympia ja nur alle vier Jahre.“ Ein kleineres, näheres Ziel: Eine ordentliche WM in diesem Jahr in Altenberg zu fahren. Vor allem auch gegen die starke Konkurrenz aus dem eigenen Team.

Erschienen in Bob/Rennrodeln am 07. Januar 2021

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