Leichtathletik

Bärlauch mit Rhabarber: Lisa Hahner über Training, Ernährung und große Ziele

Ausgefallene Gerichte ausprobieren, Rollski fahren und meditieren: Lisa Hahner weiß sich während der Coronazeit zu beschäftigen, auch wenn sie ohne konkretes Ziel trainiert. Wir haben mit ihr über Training, Ernährung und große Ziele gesprochen.

Gegen Corona laufen auch Deutschlands bekannteste Marathon-Zwillinge Lisa und Anna Hahner nicht an. Dank gelockerter Ausgangsbeschränkungen können die beiden nun mittlerweile wenigstens wieder gemeinsam trainieren. Doch mit welchem Ziel? Olympia ist verschoben und Qualifikations-Rennen noch bis Dezember ausgesetzt. Wir haben mit Lisa Hahner über die aktuelle Situation gesprochen, die Olympia-Qualifikation und ausgefallene Gerichte.

Olympia ist verschoben, die Quali bis Dezember ausgesetzt. Mit welchem Ziel gehst du gerade laufen?

„Die Situation ist nicht einfach. Zwar sind die Ziele nicht weg, aber weit in die Ferne gerückt. Daher schaue ich aktuell verstärkt auf mich und will einfach ständig besser werden. Anna und ich nutzen die Zeit, um an unseren Schwächen zu arbeiten. Wir haben Seilspringen in unser Training integriert, um die Reaktivität bei unserem Fußaufsatz beim Laufen zu erhöhen. Außerdem machen wir noch mehr Yoga und allgemeine Kräftigungsübungen. Indem wir jetzt so beweglich und stabil wie möglich werden, verringert das unser Verletzungsrisiko, wenn es wieder mit Wettkämpfen losgeht.“

Was genau meinst du mit stabil werden?

„Es geht dabei vor allem um die Hüfte. Der Rumpf ist der Wichtigste Körperteil beim Laufen. Hier auf der einen Seite Kraft aufzubauen und dennoch auf der anderen Seite beweglich zu bleiben, ist das Ziel."

Trainiert ihr mit normalem Pensum weiter?

„Als die Nachricht kam, dass Olympia verschoben wird und damit auch viele weitere Läufe, haben wir zwei Wochen lang ein bisschen weniger trainiert. Das mussten auch wir erst einmal verdauen. Zurzeit machen wir auch keine besonders langen Läufe, aber der Umfang ist ganz normal. Anna fährt zudem viel Rennrad, ich viel mit Rollski. So bringen wir Abwechslung ins Training. Außerdem haben wir beide, unabhängig voneinander, wieder intensiver mit Yoga und Meditation begonnen. Das tut richtig gut, um mental und körperlich im Gleichgewicht zu sein.“

Das heißt, du kommst mit der aktuellen Situation und der Verschiebung von Olympia ganz gut zurecht.

„Ich bin überzeugt, dass irgendwann wieder Wettkämpfe stattfinden werden, aber ich versteife mich da nicht drauf. Es liegt nicht in unserer Hand. Olympia ist und bleibt das große Ziel. Außerdem haben wir Glück gehabt, schließlich sind wir vom Training kaum eingeschränkt. Klar, laufen in Gruppen ist nicht möglich und auch beim Krafttraining müssen wir etwas improvisieren. Aber hier in Berlin gibt es so viele schöne Strecken, da wird es mir nicht langweilig.“

Als die Corona-Krise schlimmer wurde, wart du und Anna mit einer Gruppe noch im Trainingslager in Äthiopien. Wie habt ihr Corona dort wahrgenommen?

„Am Anfang gar nicht. Wir waren dort total abgeschieden und haben uns sehr sicher gefühlt. Aber dann hat sich die Stimmung in der Bevölkerung gewandelt. Sie haben Corona mit uns Weißen in Verbindung gebracht und wir hatten das Gefühl, nicht mehr erwünscht zu sein. Außerdem wurden nach und nach alle Flüge gestrichen. Wir hatten noch Glück, überhaupt einen nach Deutschland bekommen zu haben.“

Hahnertwins_Äthiopien.png Anna uns Lisa Hahner im Trainingslager in Äthiopien. Foto: Hahnertwins

Warum habt ihr euch überhaupt entschieden, dort zu trainieren?

„Äthiopien ist neben Kenia die Nation mit den besten Läufern der Welt. Wir waren schon einmal dort und hatten sehr gute Erinnerungen. Unser Camp war auf 2.800 Meter Höhe, so konnten wir auch gleich ein Höhentraining einbauen. Die Menschen dort sind so laufbegeistert und wir kommen immer schnell in Kontakt. Gleichzeitig haben wir dort vollkommene Ruhe. Das Camp ist sicher kein Luxus, es gab auch mal kein Wasser oder keinen Strom. Aber das Essen ist gesund und die Unterkunft sauber. Wir wären gerne noch länger geblieben.“

Ihr wolltet euch dort auf die Olympia-Saison vorbereiten. Die Quali von 2:29:30 Stunden fehlt euch noch...

„Das stimmt. Um diese Zeit bei einem Marathon zu laufen, muss es ein Tag sein, an dem alles passt. Jetzt müssen wir natürlich erst einmal wissen, wann das nächste Rennen stattfindet, bei dem wir uns qualifizieren können. Das Spannende diesmal: Mit Melat Kejeta, Katharina Steinruck und Anja Scherl haben schon drei Frauen aus Deutschland die Norm gepackt und wir trauen das noch mehreren zu. Das pusht uns.“

Während der Ausgangsbeschränkungen warst du in Berlin, Anna am Chiemsee. Trainiert ihr sonst mehr zusammen?

„Natürlich im Trainingslager und sonst besuchen wir uns regelmäßig gegenseitig. Aber um uns gegenseitig zu motivieren, brauchen wir das nicht. Schließlich ist Laufen unser Beruf und das ist schon Motivation genug. Natürlich hilft es mir aber schon, wenn ich weiß, Anna ist heute auch schon eine Strecke am Chiemsee gelaufen oder macht es sogar genau jetzt zur selben Zeit.“

Wenn es nicht gerade laufen ist, wie verbringst du die Coronazeit?

„Ich bin auch sonst viel an der frischen Luft, telefoniere mit der Familie und bin ständig am Kochen und Backen. Da bin ich immer auf der Suche nach neuen Lebensmitteln. Jetzt ist ja gerade Bärlauch-Zeit und ich liebe Bärlauch. Letztens habe ich ihn mit Rhabarber kombiniert, das war ganz schön abgefahren. Ich schätze die zusätzliche Zeit, die ich gerade habe, das entschleunigt. Das merke ich auch bei den Leuten, wenn ich draußen bin: Alle sind entspannter und keiner steht ungeduldig an der Bushaltestelle, weil er schnell zum nächsten Termin muss. Das tut auch mal gut.“

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Erschienen in Leichtathletik am 13. Mai 2020

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