WNBA soll in zwei Wochen starten – Geschichte, Gehälter, Gerechtigkeit

ExklusivBislang galt die WNBA – die Women’s National Basketball Association – als kleine Schwester der NBA, sie emanzipiert sich jedoch immer mehr von der erfolgreichsten Basketballliga der Welt. Die Deutsche Marie Güllich spielt bereits dort, als fünfte Deutsche wird außerdem Satou Sabally diese Saison in der WNBA auf Korbjagd gehen.

Die WNBA wäre Mitte Mai in ihre 24. Saison gestartet. Nun soll es wohl am 24. Juli losgehen – in einem anderen Format als bislang. Die Liga gab bekannt, dass die IMG Academy in Bradenton, Florida, zur offiziellen Heimstätte der WNBA-Saison 2020 werden soll. Der Wettkampfplan soll 22 Spiele der regulären Saison beinhalten, gefolgt von einem traditionellen Playoff-Format. Die IMG Academy ist ab sofort das Zuhause für jede der 12 Mannschaften der Liga und dient als ein einziger Ort für Trainingslager, Spiele und Unterbringung. Bei einem Corona-Test sollen allerdings Medienberichten zufolge bereits sieben von 137 getesteten Spielerinnen positiv gestestet worden sein. Diese Spielerinnen müssen nun in Selbstisolation.

Neben Marie Güllich, die bereits in der WNBA spielt, wird auch Satou Sabally in diesem Jahr dort ihr Debüt geben. Die beiden gedrafteten deutschen Spielerinnen Luisa Geiselsöder und Leonie Fiebich werden erst in der darauffolgenden Saison in der WNBA starten.

Geschichte der WNBA

Dass die WNBA im Jahr 2020 als die beste Frauen-Basketballliga der Welt gilt, hätte bei ihrer Gründung 1996 wohl kaum jemand gedacht. Vorherige Versuche, eine Frauen-Basketballliga in den USA zu etablieren, scheiterten nämlich kläglich. Im Gegensatz zur American Basketball League, die parallel ihren Betrieb aufnahm und auch ziemlich schnell wieder einstellte, hatte die WNBA jedoch mit der NBA einen tatkräftigen Partner an ihrer Seite. So waren zum Beispiel alle acht Gründungs-Teams an deren NBA-Counterpart angegliedert und konnten dementsprechend deren Infrastruktur mitnutzen. Der Hype, der um den Olympia-Triumph der US-Frauen im Vorjahr entstand, tat sein Übriges, als die WNBA 1997 das erste Spiel der Liga-Geschichte austrug.

Mittlerweile sind zwölf Mannschaften in der WNBA vertreten, von denen nur noch sechs einer NBA-Mannschaft angeschlossen sind. Der Saisonverlauf unterscheidet sich nicht von dem der anderen großen Sportligen in den USA. In der Regular Season werden, eingeteilt in Western und Eastern Conference, die Playoff-Plätze ausgespielt. Die beiden besten Mannschaften machen die Meisterschaft anschließend unter sich aus. Im Vorfeld jeder Saison findet außerdem ein sogenannter Draft, eine Art Talentschau, statt, in dem sich alle Mannschaften die vielversprechendsten Spielerinnen sichern können. Während jedoch die Spiele bei den Männern aus vier Vierteln á 12 Minuten bestehen, sind es bei den Frauen 10 Minuten.

WNBA-Gehälter reichen oft nicht zum Überleben

2018 wagte die Spielerinnen-Gewerkschaft WNBPA den Schritt, aus dem aktuellen Tarifvertrag mit der WNBA, welcher noch bis 2021 galt, auszusteigen und somit in Neuverhandlungen zu treten. Ziel war es, für höhere Spielgehälter sowie allgemein bessere Bedingungen zu sorgen. Die Spielerinnen hatten gute Argumente auf ihrer Seite. So gingen die Zuschauerzahlen vor Ort zwar leicht zurück, die TV-Quoten stiegen jedoch um knapp 60 Prozent an. Und auch die WNBA schrieb endlich keine roten Zahlen mehr, so dass die Spielerinnen an dem Erfolg beteiligt werden wollten. Dies war nämlich nicht der Fall.

Hierzu ein paar Zahlen: Gehaltsgrenzen sind im US-Sport gang und gäbe. Bis zur letzten Saison lag diese pro Team bei knapp einer Million US-Dollar, einzelne Spielerinnen konnten dabei bis zu 117.000 US-Dollar im Jahr verdienen. Das Durchschnittsgehalt einer Spielerin lag jedoch nur bei 75.000 US-Dollar. Sogenannte Rookies verdienten in den ersten drei Jahren in der WNBA sogar nur zwischen 41.000 und 53.000 US-Dollar pro Jahr.

Insgesamt rund 20 Prozent der WNBA-Einnahmen, welche sich mittlerweile auf immerhin rund 60 Millionen US-Dollar belaufen, flossen in die Spielerinnen-Gehälter. Im Vergleich dazu gehen 50 Prozent der NBA-Einnahmen an die Spieler. So ist es auch wenig überraschend, dass das Durchschnittsgehalt in der Herren-Liga bei rund sechs bis sieben Millionen US-Dollar liegt. In der Saison 2018-19 verdiente ein Rookie im ersten Jahr schon rund 580.000 US-Dollar. Die Spielerinnen-Gewerkschaft forderte also die gleiche Beteiligung an den Einnahmen wie die NBA-Herren.

Denn die schlechte Bezahlung und fehlende Absicherung führt unter anderem dazu, dass viele Spielerinnen außerhalb der WNBA-Saison in anderen professionellen Ligen wie z.B. der chinesischen oder italienischen ihr Geld verdienen müssen und somit keine Pause von der WNBA-Saison haben. Das hat natürlich ein erhöhtes Verletzungsrisiko und Ermüdungserscheinungen zur Folge. Darauf reagierte nun auch die WNBA in ihren Verhandlungen mit der Spielerinnen-Gewerkschaft.

WNBA wagt einen Schritt zu mehr Gleichberechtigung

Anfang des Jahres gelang es beiden Seiten nun, einen neuen Tarifvertrag abzuschließen. Und der Mut der Spielerinnen wurde belohnt: So erhöht sich ab der kommenden Saison die Gehaltsgrenze pro Team um 30 Prozent auf 1,3 Millionen US-Dollar. Das Höchstgehalt beträgt nun also 215.000 US-Dollar, plus Prämien können die Top-Spielerinnen sogar fast 500.000 US-Dollar verdienen. Das Durchschnittsgehalt steigt auf 130.000 US-Dollar an. Ab 2021 fließen ebenfalls, wie bei den Männern, 50 Prozent der WNBA-Einnahmen in die Spielgehälter. Es scheint banal, aber auch die Reisebedingungen haben sich verbessert. Die Spielerinnen müssen nun nicht mehr in der Holzklasse zu den Spielen fliegen.

Doch bei den Gehaltserhöhungen um mehr als 50 Prozent bleibt es nicht. Vor allem die Zugeständnisse der WNBA beim Thema Familie machen die Liga zu einer der fortschrittlichsten der Welt. Ab dieser Saison erhält jede Spielerin während des Mutterschutzes das volle Gehalt. Außerdem zahlt die WNBA einen jährlichen Betrag von 5.000 US-Dollar für die Kinderbetreuung und verpflichtet die Vereine, entsprechende Räumlichkeiten für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft auch die Unterbringung der Spielerinnen mit Kind: diese bekommen nun eine Wohnung gestellt. Die neuen Maßnahmen betreffen aber auch die Familienplanung. So können Spielerinnen auf bis zu 60.000 US-Dollar zurückgreifen, sollten sie medizinische Maßnahmen wie künstliche Befruchtung oder Leihmutterschaft in Anspruch nehmen müssen.

WNBA-Spielerinnen sind traditionell politisch aktiv

Eine Vorreiterrolle nimmt die WNBA auch im Kampf gegen Rassismus und für LGBTQ-Rechte ein. In den letzten Jahren äußerten sich immer mehr Athlet*innen zu politischen sowie sozialen Themen, und ganz vorne mit dabei sind die Spielerinnen der WNBA. Noch vor dem Kniefall von US-Footballspieler Colin Kaepernick protestierten die Spielerinnen der Minnesota Lynx im Juni 2016 gegen Polizeigewalt und agierten im Anschluss in Solidarität mit Kaepernick.

Ein weiteres Beispiel ist die Top-Spielerin Maya Moore, die zwei Saisons aussetzte, um für die Freilassung von Jeremy Irons, eines zu Unrecht verurteilten Afro-Amerikaners, einzustehen. Auch im Kampf um die LGBTQ-Rechte ist die WNBA den anderen großen Profiligen in den USA weit voraus. Bereits seit 2001 feiert die Liga, in der viele Spielerinnen offen homosexuell leben, den Pride Month – und das in einer Zeit, als homosexuelle Sportler*innen in den USA noch ein Tabu waren.

Was das politische Engagement angeht, scheint Satou Sabally auf jeden Fall gut in die WNBA zu passen. Im Interview mit uns sagte sie: "Ich will meine Stimme als Sportlerin nutzen, um von den Menschen endlich gehört zu werden."" Die deutsche Nationalspielern ist außerdem ein Teil des neu gegründeten Rats zur Sozialen Gerechtigkeit, den die WNBA und die Spielerinnengewerkschaft der US-Profiliga kurz vor dem Saisonstart 2020 installiert haben.

Katarina Schubert

Katarina Schubert

Erschienen in Basketball am 14. Juli 2020

Weitere Artikel