Die Zeit ist reif für Frauenfußball bei Borussia Dortmund

MeinungDie Flyeralarm Frauen-Bundesliga ist in ihre 31. Saison gestartet. Doch ein Verein wird wieder durch Abwesenheit glänzen: Borussia Dortmund. Wieso die Gründung einer Frauenabteilung beim BVB ein positives Zeichen für den gesamten Frauenfußball in Deutschland wäre, erläutert Katarina Schubert in ihrem Kommentar.

Seit mehr als 25 Jahren bin ich nun BVB-Fan. Alles begann mit der Meisterschaft 1994/95, Susi Zorc, Matthias Sammer, Stéphane „Chappi“ Chapuisat waren meine Helden, damals war ich acht Jahre alt. Später trug ich Namen wie Mats Hummels oder Nuri Sahin auf meinem Trikot.

Eins fällt dabei auf: Sowohl meine Fußballidole als auch meine Gänsehautmomente kommen alle aus dem Männerfußball. Der Frauenfußball taucht in meinen Erinnerungen dagegen kaum auf. Tatsächlich ist das erste Turnier, das ich wirklich verfolgt habe, die Heim-WM 2011, als Deutschland im Viertelfinale scheiterte. Seitdem verfolge ich die Nationalmannschaft. 2016 sprang ich beim Olympiasieg vor Freude auf der Couch rum, doch der Vereinsfußball hat mich bis heute nicht gepackt. Ich bin also genau der Erfolgsfan, über den sich die eingefleischten Fußballfans bei den Herren immer so (künstlich) aufregen.

Denn: Mir fehlt die Lieblingsmannschaft. Wie sehr, wurde mir beim diesjährigen DFB-Pokalfinale zwischen der SGS Essen und dem VfL Wolfsburg bewusst. Das Spiel war klasse, aber so richtig mitfiebern konnte ich nicht. Umso mehr schmerzt es, dass der BVB bis heute kein eigenes Frauenteam hat. Und ich frage mich, ob es trotz vermeintlich großer Ambitionen seitens des Vereins jemals eines geben wird.

30-jähriges Jubiläum der Frauen-Bundesliga

Organisierter Frauenfußball ist in Deutschland eine relativ junge Sportart. Die erste offizielle Deutsche Fußballmeisterschaft wurde 1974 ausgetragen, das erste Spiel der Frauen-Bundesliga fand am 2. September 1990 statt. Die Flyeralarm Frauen-Bundesliga, wie die höchste Spielklasse seit der letzten Saison heißt, feiert nun also ihr (erst) 30-jähriges Jubiläum. Dennoch bleiben deren Fans meist unter sich. Selten finden die Anhänger von Männerclubs, selbst wenn diese eine Frauenabteilung haben, ihren Weg ins Stadion. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass bei der Gründung der Frauen-Bundesliga Frauenteams unter dem Dach eines Männerclubs eine Rarität waren.

Doch in der Saison 2020-21 werden neun von zwölf Teams den Namen eines Männerclubs tragen – ganz frisch dabei ist Eintracht Frankfurt, denen sich der 1. FFC Frankfurt angeschlossen hat. Und auch der andere ehemalige Erfolgsverein Turbine Potsdam ist nun eine auf drei Jahre angelegte Kooperation mit Hertha BSC eingegangen. Selbst der FC Schalke 04 und RB Leipzig gründeten jüngst eine Frauenabteilung, Leipzig ist in der zurückliegenden Saison sogar in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Der Trend scheint klar.

Ein BVB-Frauenteam: Wenn, dann richtig

Borussia Dortmund ist nun also der letzte große Verein Deutschlands, der keine Frauenabteilung sein eigen nennen kann. Doch es tut sich etwas. Im Frühsommer konnten BVB-Fans über die Einführung eines Frauenteams abstimmen, die Ergebnisse sollen bei der nächsten Mitgliederversammlung im Herbst veröffentlicht werden. Eine Dortmunder Mannschaft würde dem Frauenfußball in Deutschland Antrieb geben und zeigen, dass es vorangeht, dass Frauenfußball von einem der größten Clubs Europas ernst genommen wird.

Ob der BVB dies jedoch ernst nimmt, ist fraglich, wenn man den Umgang mit deren Umfrage betrachtet. Sie war weder auf der Homepage des Vereins zu finden, noch veröffentlichte sie der BVB auf dessen sozialen Kanälen. Und das ist symptomatisch für den Umgang der Männerclubs mit ihren Frauenabteilungen. Die kommen, den VfL Wolfsburg mal ausgenommen, quasi gar nicht auf deren Social Media-Kanälen und Homepages vor. Es gibt außerdem kaum gemeinsame Aktionen von Frauen- und Männerteams. Die Unsichtbarkeit ist erschreckend. Wenn schon der Club kein Fan seines Frauenteams ist, warum sollten es dann die Anhänger sein?

Gerade deshalb fordere ich ein Frauenteam beim BVB. Doch wenn, dann richtig. Die Vereinsführung muss mit ganzem Herzen dahinterstehen, dann tun dies auch die Fans, von denen immerhin die Initiative zur Umfrage ausging. Ich wünsche mir, dass Borussia Dortmund mit voller Überzeugung auf den Frauenfußball setzt und mit gutem Beispiel vorangeht. Ansonsten kann man es auch lassen. Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf, auch endlich eine Herzensmannschaft im Frauenfußball zu haben, die mir die gleichen Gänsehautmomente wie die Männer beschert. Ich glaube, so könnte es vielen Erfolgsfans im Frauenfußball gehen.

Katarina Schubert

Katarina Schubert

Erschienen in Fußball, Meinung am 07. September 2020

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