Fußball
Ist Frauenfußball selbstverständlich in Deutschland?
Ist Frauenfußball selbstverständlich in Deutschland?
Wie wird der Frauenfußball in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Sind die Strukturen im Sport vorwiegend männlich geprägt und wie lässt sich das ändern? Wie sieht es mit der Präsenz und dem Selbstverständnis der Frauen-Bundesliga, aber auch von Frauen im Sport generell aus? Diesen Fragen stellten sich sieben Diskussions-Teilnehmer, darunter Almuth Schult und Jessica Libbertz.
"Ist Frauenfußball eine Ausnahme-Erscheinung oder selbstverständlich in Deutschland?", fragte Moderatorin Birgit Nössing gleich zu Beginn der Veranstaltung. Eurosport lud gemeinsam mit dem Discovery Frauennetzwerk zu einem Panel zum Thema „Frauen im Sport“ ein. Mit dabei waren:
- Heike Ullrich (DFB-Direktorin für Frauen- und Mädchenfußball)
- Almuth Schult (Torhüterin beim VfL Wolfsburg und Nationalmannschaft)
- Susanne Aigner Drews (SVP & General Manager GSA - Discovery)
- Tanja Wörle (ehemalige deutsche Fußballspielerin u.a. FC Bayern München)
- Jessica Libbertz (Sportmoderatorin & Buchautorin)
- Cord Sauer (Gründer & Chefredakteur FUMS)
- Markus Theil (Eurosport-Kommentator u.a. Frauen-Bundesliga & Tennis)
Vorurteile gegenüber Sportlerinnen
National-Torhüterin Almuth Schult griff als erste zum Mikrofon und sagte den rund 50 geladenen Gästen: "Gerade wir Torhüterinnen haben mit negativen Vorurteilen zu kämpfen. Da heißt es nicht selten: Ach, Mädchen können doch sowieso keinen Ball fangen." Schult, die derzeit wegen einer Schulterverletzung sowohl im Nationalteam als auch beim VfL Wolfsburg pausiert, bemerkte außerdem, dass viele junge Mädchen, die anfangen Fußball zu spielen, nur männliche Idole haben. Das Problem: Sie kennen gar keine Spielerin, der sie nacheifern könnten.
Medieninteresse an Frauen im Sport
Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Medien. Seit dieser Saison ist Eurosport am Freitagabend im Free-TV der neue Anlaufpunkt für alle Frauenfußball-Fans. Das ist gar nicht so einfach, gibt Susanne Aigner Drews zu bedenken. "Die Infrastruktur in einigen Stadien ist schlecht, da gibt es manchmal nicht genügend Flutlicht, um wirklich alles sehen zu können." Vom Standard der Männer weit entfernt. Doch das Interesse am Frauenfußball ist da: Beim ersten Spiel auf Eurosport in dieser Saison schalteten immerhin 250.000 Zuschauer ein.
Schlechtere Bezhalung, schlechtere Infrastruktur
Es müsse der Anspruch an die Clubs der FLYERALARM Frauen-Bundesliga sein, diese Infrastruktur bereitzustellen, merkte Heike Ullrich, DFB-Direktorin für Frauen- und Mädchenfußball, an. Doch: Welcher Club kann sich das leisten? Aktuelle Studien zeigen, dass Unternehmen weltweit zwar 30,87 Milliarden Dollar für Sportsponsoring ausgeben, davon jedoch nur sieben Prozent in den Frauensport fließen. Die ungleiche Bezahlung betrifft auch die Verbände: So zahlte die FIFA bei der Männer-WM in Russland 400 Millionen Dollar Siegprämien an die teilnehmenden Teams aus. Den Frauen in Frankreich in diesem Sommer ließ man hingegen gerade mal 30 Millionen Dollar zukommen.
Frauenteams in jedem Spitzenclub?
Auch in Deutschland bekommen die Frauenteams nicht viel ab von dem, was in den Sport der Männer gesteckt wird. Sportmoderatorin Jessica Libbertz fordert: "Die großen Fußballclubs sollten alle eine Damenmannschaft haben. Solange das nicht gegeben ist, sind wir nicht dort angekommen, wo wir hinwollen." Fakt ist: Nur wenige Männer-Bundesligisten haben auch ein Frauenteam im Verein, so wie etwa der FC Bayern München, der VfL Wolfsburg oder der SC Freiburg.
Frauen im Sport: Andere Darstellung in den Medien
Nicht nur Geld und Infrastruktur sind bei Männern und Frauen im Sport anders verteilt. Sportlerinnen werden grundsätzlich anders in den Medien dargestellt. "Bei den Männern werden die Tore immer und immer wieder gezeigt, bei den Frauen eher die Frauen – wie sie jubeln oder sich ärgern", sagt Heike Ullrich. Da meldete sich erstmals ein männlicher Teilnehmer in der Runde zu Wort. Cord Sauer, Gründer des FUMS Magazins, gab zu: "Ich merke das selbst: Frauen sollen auf den Fotos, die wir zeigen, möglichst gut aussehen. Und nicht, als würden sie gerade um Leben und Tod kämpfen."
Blick in die Zukunft: Wie entwickelt sich der Frauensport?
Almuth Schult:"Ich wünsche mir, dass diese Vorurteile aufhören. Es soll einfach um den Sport gehen."
Heike Ullrich: "Ich glaube, dass wir diese Diskussion in fünf bis sechs Jahren ganz anders führen werden. Die Generationen, die heute 30 Jahre und jünger sind, denken was Geschlechterstereotype angeht schon heute ganz anders."
Markus Theil: "Fälle wie der von Sara Däbritz sollen normal werden: Nämlich dass auch der Mann für die Sportlerin einen Vereinswechsel mitmacht und wie in diesem Fall nach Paris umzieht."
Susanne Aigner Drews: "Ich will, dass wir in fünf Jahren über das lächeln, was wir heute diskutieren, weil es dann nämlich ganz selbstverständlich ist."
Jessica Libbertz: "Ich wünsche mir, dass es in Zukunft auch weibliche Trainerinnen bei männlichen Spitzenclubs gibt."
Cord Sauer: "Solche Diskussionen müssen wir künftig öfter führen. Gleichberechtigung von Frauen soll auch für Männer zu einem wichtigen Thema werden."
Erschienen in Fußball am 14. November 2019
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