Frauen im Sportbusiness
Wie die Initiative ,klubtalent' die Arbeit von Vereinen professionalisieren kann
Wie die Initiative ,klubtalent' die Arbeit von Vereinen professionalisieren kann
ExklusivViele Ehrenamtliche opfern sich für die Arbeit in Vereinen regelrecht auf. Dabei können sie sich nicht um alles kümmern. Die Initiative "klubtalent" um Marthe-Victoria Lorenz will zeigen, wie es auch anders funktionieren kann.
Monatelang stand das Sportleben in rund 90.000 Vereinen in Deutschland still. Während allein der Profisport erlaubt war, legte die Corona-Pandemie den Amateursport vollkommen lahm. Zeit, sich um die Vereinsstrukturen zu kümmern, denn die stehen vor einem Umbruch. Ehrenamtlich Engagierte zu finden ist für viele Vereine immer schwieriger geworden und laut eines Entwicklungsberichts aus dem Jahr 2018 zur Herausforderung der Zukunft geworden. Dass Verein aber nicht immer auch Ehrenamt bedeuten muss, dass will Marthe-Victoria Lorenz mit ihrem Team bei klubtalent deutlich machen.
Visionen statt limitierende Gedanken
Klubtalent hat es sich zum Ziel gesetzt, Vereine für den Aufbau hauptamtlicher Strukturen zu begeistern. So sollen Ehrenamtliche entlastet werden und Vereine die Möglichkeit bekommen, liegengebliebene Projekte anzugehen. Limitierende Sätze wie „Das schaffen wir nicht“ oder „Dafür haben wir keine finanziellen Mittel“ wollen Lorenz und ihr Team gar nicht erst hören, sondern stattdessen große Visionen bei den Vereinsverantwortlichen antreiben.
Nach Recherchen von klubtalent finden 41% der Vereinsvorstände keine ehrenamtlichen Nachfolger:innen mehr. Das liege zum einen an der fehlenden Bezahlung, aber auch an veralteten Strukturen. „Um Vereinsarbeit attraktiver zu gestalten, verknüpfen wir Vereinsvorständ:innen mit Startup-Gründer:innen und bauen neueste Methoden des "New Work" in unsere Coaching-Module mit ein“, beschreibt Lorenz ihre Arbeit bei klubtalent. Mit einem sechsmonatigen Programm sollen Vereine dabei unterstützt werden, eine hauptamtliche Stelle nachhaltig aufzubauen.
Klink vom ACT Kassel. Foto: Andreas Fischer
Damit soll auch die Gleichberechtigung in Vereinen gefördert werden. „Durch das Ehrenamt entstehen viele Probleme: Niemand hat Zeit, wichtige Projekte werden verschoben“, sagt Lorenz und nennt als Beispiel die Mädchenarbeit in den Vereinen. „Niemand hat die Zeit zum Beispiel in die Schulen zu gehen und Mädchen zum Sport zu bringen.“ Lorenz, die selbst als Basketballtrainerin und stellvertretende Abteilungsleiterin aktiv ist, weiß: Gleichberechtigung ist eine Frage des Geldes und der Zeit. Denn je mehr Menschen sich dafür einsetzen, umso mehr können sie erreichen.
Im März sind die ersten Pilotvereine bei klubtalent an den Start gegangen. Einer dieser Vereine ist der ACT Kassel. Vorstandsmitglied Cedric Toth sagte gegenüber klubtalent über die Motivation zu diesem Programm: „Wir wollen allen Gesellschafts- und Bevölkerungsschichten den Zugang zu unserem Verein ermöglichen, ungeachtet der Herkunft, der geschlechtlichen Identität oder körperlicher Eingeschränktheit.“ Und dazu braucht es jemanden, der sich Vollzeit um diese Themen kümmert und den Verein weiterentwickelt.
Wertschätzung für die Arbeit der Vereine
Das Bewusstsein, dass Vereine nicht nur durch Ehrenamt bestehen können, will klubtalent auch bei der Bevölkerung schaffen. Schließlich sind Mitgliedsbeiträge für Vereine die größte Einnahmequelle. „Wir wollen helfen, die Wertschätzung für die Arbeit der Vereine zu verbessern“, sagt Lorenz. Dazu spricht klubtalent auch mit Politiker:innen, Verbänden, Förderprogrammen und weiteren Akteur:innen der Sportbranche.
Damit klubtalent sie bei ihrer Entwicklung unterstützt, zahlen die Vereine eine Art Übungsleiterpauschale. Marthe-Victoria Lorenz arbeitet derzeit als einzige Vollzeitkraft für das Programm, doch das soll sich bald ändern. Denn die Resonanz ist gut, die Idee kommt in Sportdeutschland an.
Viele Vereinsfunktionäre identifizieren sich mit dem, was auch mein Traum wäre: Gäbe es in Deutschland ein Grundeinkommen, würden wir alle am liebsten nur in unserem Verein arbeiten. Denn das ist, was für viele wirklich zählt.
Erschienen in Frauen im Sportbusiness am 10. August 2021
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