Snowboarderin Ramona Hofmeister über eine perfekte Saison

Ramona Hofmeister hat sich für eine perfekte Saison mit der Kristallkugel des Gesamtweltcups belohnt. Mit diesem Erfolg hätte sie vor einem Jahr niemals gerechnet, schließlich wurde sie noch an der Schulter operiert. Ein Interview über Geheimrezepte und ganz besondere Momente.

Beim Gespräch am Telefon mit Ramona Hofmeister (24) wird viel gelacht. Die deutsche Snowboarderin hat auch allen Grund dazu. Sie hat eine perfekte Saison hinter sich, die sie mit dem Gesamtsieg gekrönt hat. Für die 24-Jährige aus Bischofswiesen nicht der erste große Erfolg, immerhin holte sie 2018 bei den Winterspielen in Pyeongchang Bronze, ebenso bei der WM 2019 in Park City. Doch den Weltcup hat sie bisher noch nie gewonnen. Jetzt ist sie auf den Geschmack gekommen.

Na, ist dir langweilig, jetzt wo die Saison vorbei ist und Corona uns alle zu einer Pause zwingt?

„Im Gegenteil (lacht). Ich nutze die Zeit und renoviere meine Wohnung. Eigentlich wäre ich jetzt mit meiner Familie im Urlaub, aber so entspanne ich eben Zuhause. Wir waren schließlich mit dem Team viel unterwegs in den vergangenen Monaten und ein bisschen Ruhe tut mir gut. Und Workout funktioniert auch zuhause.“

Du hast eine tolle Saison mit dem Gesamtsieg im Weltcup gekrönt. Was war dein Geheimrezept?

„Es war von Anfang bis Ende eine perfekte Saison. Und das, obwohl ich noch im März 2019 an der Schulter operiert wurde. Aber mit dem neu aufgestellten Trainerteam haben wir einen detaillierten Plan aufgestellt, wie wir die verbleibende Vorbereitungszeit optimal nutzen können. Und dann gibt es da noch ein paar Geheimrezepte, die ich aber natürlich nicht verraten werde (lacht).“

12 (13 von 19).jpeg Foto: Martin Grüner & Alexander Payer

Du warst viel verletzt in den vergangenen Jahren, hast dich aber nie unterkriegen lassen.

„Ich war in der Vorbereitung wegen der Verletzungen oft unter Zeitdruck gestanden, habe mich aber davon nicht stressen lassen. Der Kopf ist einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg. Mental war ich schon immer stark und hinzukommt, dass wir eine super Atmosphäre im Team haben. Dadurch kann ich mich bei jedem Training und vor allem im Wettkampf voll fokussieren. Das hat mir geholfen, immer wieder zurückzukommen.“

Gibt es einen besonderen Moment der vergangenen Saison für dich?

„Eigentlich ganz viele, aber zwei sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. Das war zum einen in Kanada, als ich von meinem Trainer erfahren habe, dass niemand mehr meinen Vorsprung einholen kann und ich den Gesamtsieg holen werde. Ich konnte das nicht glauben und habe ein paar Mal nachgefragt.“

Und der zweite Moment?

„Das war der Weltcup in Bad Gastein. Zum einen habe ich dort den ersten Weltcup meiner Karriere gewonnen, zum anderen war meine Familie dabei. Und am Ende habe ich Ester geschlagen. Das war Wahnsinn.“

Die Tschechin Ester Ledecka ist eine deiner größten Konkurrentinnen. Sie war jedoch bei einigen Rennen nicht dabei, weil sie auch im Ski Alpin gestartet war. Fährst du auch Ski?

„(lacht) Nein, ich auf Skiern, das kenne ich nur von alten Fotos, da kann ich mich selbst nicht dran erinnern. Ich gehe ab und zu zwar mal eine Skitour, aber da ist das runterkommen für mich deutlich anstrengender als der Weg nach oben. Ich habe richtig Respekt vor Ester, wie sie das hinbekommt. Selbst bleibe ich lieber beim Snowboarden.“

Was macht für dich den Reiz gerade am Parallel-Riesenslalom aus?

„Ich brauche das Kopf-an-Kopf-Rennen, das pusht mich. Zwar bekommt man nicht alles vom anderen mit, aber ich merke natürlich, wenn jemand stürzt oder eine größere Schneewolke aufwirbelt. Und wenn ich hinten bin, spornt mich die Konkurrenz erst recht an. Da muss ich dann aufpassen, nicht zu viel zu riskieren.“

Ab wann bereitest du dich wieder auf die Rennen vor?

„Die richtige Vorbereitung beginnt in der Regel im Mai. Daher trifft uns die Coronapause gerade nicht so hart wie andere. Zuvor werde ich noch einen Monat bei der Polizei verbringen.“

Warum das?

„Die Polizei bietet für Leistungssportler die Möglichkeit, in fünf Jahren die Ausbildung zu absolvieren. 2013 habe ich bei der Bayerischen Polizei damit begonnen und immer vier Monate Ausbildung, acht Monate Sport im Wechsel gehabt. Seit 2018 bin ich fertig und im Rahmen des Spitzensportprogramms freigestellt. Heißt: Ich kann mich voll aufs Training konzentrieren. Jedes Jahr muss ich aber für einen Monat zur Hospitation auf die Dienststelle und das mache ich dann, bevor es wieder richtig losgeht.“

Wie sieht die Vorbereitung denn aus?

„Beim Aufbautraining setzen wir zuerst auf Kondition – mit Laufen und Radfahren. Dann startet das Krafttraining und wir trainieren schon ab und zu auf dem Gletscher. Ab August sind wir wieder regelmäßig im Schnee.“

7ce86240-e783-4faa-b608-e2bfc504a5b3.jpeg Foto: Martin Grüner & Alexander Payer

Apropos Schnee: Das Saisonfinale in Winterberg ist wegen Schneemangels ausgefallen und daher auch die große Siegerehrung. Hast du trotzdem gut gefeiert?

„Zugegeben, ich war am Anfang schon traurig. Solche Momente sind ja einmalig, zumal der Abschluss vor heimischem Publikum gewesen wäre. Ich war mir auch gar nicht sicher, ob sie mir die Kugel per Post schicken wollen (lacht). Im Endeffekt hat der Verband aber eine tolle Feier in München organisiert. Das war ein schöner Abschluss.“

Du hast den Gesamtweltcup gewonnen – was kommt als Nächstes?

„Vielleicht ein Weltmeistertitel (lacht)? Nein, mal im Ernst: Ich habe vor ein paar Tagen mit meinem Trainer telefoniert und wir waren uns beide einig, dass wir so einen Erfolg am Beginn der Saison niemals erwartet hätten. Ich habe mir damit einen Lebenstraum erfüllt. Aber noch so eine Kugel wäre natürlich auch cool, oder eben ein Titel bei der WM im nächsten Jahr. Die Chancen stehen glaube ich ganz gut, wenn ich an die vergangene Saison anknüpfen kann.“

Verfasst von Nina Probst

Erschienen in Snowboard am 05. April 2020

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