Skispringerinnen starten in Saison – und kämpfen weiter um Gleichberechtigung

ExklusivAm Wochenende ist es endlich soweit. Nach neun Monaten ohne internationale Wettkämpfe starten die Skispringerinnen in Ramsau am Dachstein vom 18. bis 20. Dezember in die Weltcupsaison 2020/2021. Aus deutscher Sicht ruhen die Hoffnungen vor allem auf Katharina Althaus und Juliane Seyfarth. Aber auch der Nachwuchs will angreifen.

Nach der Verschiebung des für Anfang Dezember im norwegischen Lillehammer geplanten Weltcup-Auftakts der Skispringerinngen auf unbestimmte Zeit sah es lange danach aus, dass die Skispringerinnen ihre Saison erst im Jahr 2021 starten können. Doch dem Engagement vom Österreichischen Skiverband und des Organisationsteams vom WSV Ramsau ist es zu verdanken, dass noch vor Weihnachten ein erstes Springen möglich ist. Der Ausrichter entschied sich im November dafür, das erste Weltcupspringen der Skispringerinngen parallel zum allerersten Weltcup der Nordischen Kombiniererinnen sowie der Wettkämpfe der Nordischen Kombinierer stattfinden zu lassen.

Für die deutschen Skispringerinnen gibt es damit früher als ursprünglich geplant die Möglichkeit für einen internationalen Vergleich. „Es ist eine veränderte Situation. Die Jahre vorher konnten wir uns beim Sommer-Grandprix mit den anderen Nationen vergleichen und hatten dadurch eine Art Standortbestimmung. In diesem Jahr sind wir Mitte März in Trondheim abgereist und stehen neun Monate später vor dem ersten Weltcup der Saison. Da ist schon eine Spur mehr Ungewissheit“, sagte Skisprung-Damen-Bundestrainer Andreas Bauer beim DSV-Pressegespräch.

Bundestrainer Andreas Bauer nominiert sechs Skispringerinnen

Für den Auftakt nominierte Andreas Bauer neben Katharina Althaus und Juliane Seyfahrt, Agnes Reisch, Anna Rupprecht, Luisa Görlich und Selina Freitag. Verletzungsbedingt muss der Bundestrainer auf Carina Vogt, die erst in dieser Woche nach einem Jahr und neun Monaten Pause ihre ersten Sprünge auf Schnee absolvierte, und Ramona Straub verzichten. Beide sollen im Laufe der Saison im Training wieder an die Belastungen herangeführt werden, um sie auf dem Weg zur nordischen Heim-WM Ende Februar in Oberstdorf wieder ins Team zu integrieren.

"In diesem Jahr sind wir Mitte März in Trondheim abgereist und stehen neun Monate später vor dem ersten Weltcup der Saison. Da ist schon eine Spur mehr Ungewissheit.“ Skisprung-Damen-Bundestrainer Andreas Bauer

„Wir haben Katharina Althaus und Juliane Seyfarth als Leaderinnern vorne weg, aber alle vier anderen Springerinnen haben gute Möglichkeiten in die Weltcuppunkte zu springen“, so Bauer. Auch Katharina Althaus freut sich über die gute Entwicklung der Nachwuchsspringerinnen: „Die jungen Athletinnen entwickeln sich richtig gut. Die konnten letztes Jahr Erfahrungen im Weltcup sammeln, haben aber die Zeit sich ohne großen Druck zu entwickeln und im Hintergrund Schritt für Schritt vorwärts zu gehen. Es wird spannend zu sehen, ob sie das in den Winter bringen können. Luisa, Agnes und auch Selina waren im Sommer schon manchmal nah an uns dran.“

Juliane Seyfarth und Katharina Althaus puschen sich gegenseitig

Aber auch mit ihrer eigenen Vorbereitung ist Katharina Althaus zufrieden. „Ich habe im Sommer gut gearbeitet und kann behaupten, dass ich ein bisschen besser geworden bin. Das konstante Springen auf hohem Niveau macht gerade unglaublich Spaß. Auch die ersten Sprünge auf Schnee liefen ganz gut, daher bin ich sehr zuversichtlich“, so die 24-Jährige.

Im Training konnte sich Althaus immer wieder mit Teamkollegin Juliane Seyfarth messen. „Ohne internationale Wettkämpfe ist es schon wichtig jemanden im Team zu haben, um sich miteinander vergleichen zu können und gegenseitig zu unterstützen“, so Seyfarth, die auch mit ihrer Vorbereitung zufrieden ist. „Ich bin froh, dass ich so gut über den Sommer gekommen bin. Ich konnte meinen Absprung verbessern und meine Sprünge stabilisieren. Das war für mich ein wichtiger Schritt, denn mir hilft kein guter Flug und kein guter Telemark, wenn der Absprung nicht passt. Ich bin bereit und freue mich auf den ersten Wettkampf.“

Corona sorgt für lange Wettkampfpause

Überschattet wird der Saisonstart auch im Skispringen von Corona. Durch verschiedene Hygiene-Konzepte, regelmäßige Tests, FFP2-Masken, Abstand, viel Lüften und auch Einzelzimmer soll größtmöglicher Schutz für die Sportlerinnen gewährleistet werden. „Wir versuchen da wenig Energie zu verschwenden und die Dinge und Vorschriften so akzeptieren, wie sie sind“, so Bauer. „Natürlich macht die Konzepte und Regeln das Ganze nicht einfacher, aber wir sind in erster Linie froh, dass wir den Sport ausüben können.“

Corona und daraus resultierende Weltcup-Absagen führen auch dazu, dass die Skispringerinnen nach ihrem Weltcup-Auftakt in Ramsau bis Ende Januar auf die nächsten Wettkampfsprünge warten müssen. „Wir versuchen die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen. Wenn eine Regierung in Japan eine Veranstaltung nicht zulässt, dann müssen wir das akzeptieren. Natürlich macht es das nicht so einfach, aber wir müssen versuchen in einem guten Rhythmus zu bleiben und regelmäßig auf der Schanze zu trainieren und den ein oder anderen Trainingswettkampf durchzuführen“, erklärte Trainer Bauer.

"Ich bin froh, dass wir jetzt vor Weihnachten noch den Vergleich haben, um zu sehen, wo man steht." Katharina Althaus

Das sieht auch Springerin Althaus so: „Wir versuchen einen guten Rhythmus zu bekommen und profitieren dabei auch von den Schanzen vor der Haustür. Ich bin froh, dass wir jetzt vor Weihnachten noch den Vergleich haben, um zu sehen, wo man steht. In der Lücke kann man sicher noch das ein oder andere mit Blick auf die WM heraus holen. Ich glaube die Spannung können wir trotzdem hochhalten, denn es ist die Heim-WM, da ist eine Grundspannung da.“

Heim-WM in Oberstdorf als großes Ziel

Zum Kampf um die WM-Medaillen im heimischen Oberstdorf kommt es dann Ende Februar. Auf dem Programm steht auch die erste WM-Entscheidung der Frauen auf einer Großschanze. „Es wird die erste nordische Ski-WM sein, bei der Frauen die gleichen Wettkampfformen wie die Männer haben. Dass wir die gleichen Medaillenchancen wie die Männer haben zeigt, dass sich unser Kampf über die letzten zehn Jahre gelohnt hat“, so Bauer.

Auch Katharina Althaus freut sich als gebürtige Oberstdorferin besonders auf die Heim-WM: „Ich hoffe, dass ich bei der Heim-WM die besten Sprünge auspacken und zeigen kann, dass ich über den Sommer gut trainiert habe. Mein Ziel ist es, um die Medaillen mitzukämpfen. Auf der Großschanze ist es natürlich ein Highlight, da es der erste WM-Wettkampf ist, aber auch im Team und Mixed-Team wollen wir die Medaillen angreifen.“

Kampf um Vierschanzentournee und Skifliegen geht weiter

Trotz der Großschanzen-Premiere bei der WM geht der Kampf um Gleichberechtigung im Skispringen weiter. Dabei werden die Ideen für eine Vierschanzentournee der Frauen immer konkreter. „Ein praktikabler Weg wäre am Qualifikationstag, an dem die Männer nur einen Sprung haben, zwei Durchgänge der Damen anzuschließen. Das wäre auch für den Qualifikationstag eine gute Sache“, so Bauer. Trotz der positiven Zeichen steckt der Teufel im Detail und so müssen von Sponsorenverträgen bis zu logistischem Aufwand noch viele Dinge geklärt werden, bis auch die Frauen ihre Vierschanzentournee bekommen. Auch in Sachen Skifliegen besteht weiterhin Nachholbedarf. „Man muss die Mädels auch verstehen. Wenn ich Mädels habe, die unbedingt Skifliegen wollen, ist mir das tausend Mal lieber, als wenn ich Mädels dastehen habe die sage, das traue ich mir nicht zu. Ich bin froh, dass die Mädels das Erlebnis haben wollen und daher kämpfe ich auch als Trainer dafür, ihnen das Erlebnis irgendwann zu ermöglichen“, erklärte Bauer.

Seine Athletinnen, allen voran Katharina Althaus, freuen sich über sein Engagement. „Klar wünscht man sich, das wir endlich fliegen dürfte. Die besten von uns können da ohne Probleme runterfliegen. Gerade wenn man die Erfolge und die Freude der Jungs sieht, wird der Wunsch schon größer. Ich hoffe natürlich, dass wir das auch irgendwann haben“, so Althaus.

Jana Glose

Jana Glose

Erschienen in Skispringen am 16. Dezember 2020

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