Clara Koppenburg: ,Wir stehen alle 110 Prozent hinter den anderen'

2020 kehrte Clara Koppenburg zum Team Biglia Katusha in die Schweiz zurück – und kämpft nun ums finanzielle Überleben der Radsportlerinnen. Im Interview erzählt die 24-Jährige aus Lörrach, wie sie die Coronakrise erlebt und welche Ziele sie noch hat.

Als einzige Deutsche fährt Clara Koppenburg (24) aus Lörrach im Team Bigla Katusha. Wie berichtet, steht das internationale Team aus der Schweiz vor einem Problem: Beide Hauptsponsoren und Namensgeber haben aufgrund der Coronakrise ihr Engagement zurückgezogen. Jetzt kämpfen Clara und ihre Teamkolleginnen um neue finanzielle Unterstützung. Wir haben mit der Teamkapitänin über die aktuelle Situation gesprochen, und warum sie so gerne für dieses Team fährt.

Clara, was war deine erste Reaktion auf diese Neuigkeiten?

"Natürlich war es am Anfang ein Riesen Schock, als ich erfahren habe, dass unsere beiden Hauptpartner ihr Sponsoring vorerst zurückziehen. Man hat zwar schon von anderen Teams immer wieder mitbekommen, dass die ganze Corona-Situation erhebliche Auswirkungen auf die Radwelt hat und viele Teams die Gehälter kürzen, jedoch war das in unserem Team bis zu dem Zeitpunkt kein Thema."

Wie ging es dann weiter?

"Nachdem wir mit unserem gesamtem Teammanagement offen über die ganze Situation gesprochen haben, ist in uns allen die anfängliche Verunsicherung wie es weitergehen soll in Kampfgeist und Tatendrang übergegangen. Sofort kamen wir alle mit großartigen Ideen, wie wir unser Team retten können. Innerhalb von wenigen Stunden stand der Plan mit dem einzigen Ziel: Rettung des Teams!"

Ihr habt auch einen offenen Brief geschrieben.

Alle Mitglieder standen zu 110 Prozent hinter den Entscheidungen und dem Plan. Wir Fahrerinnen haben einen „Open Letter“ an all unsere Partner und Sponsoren verfasst, in welchem wir uns sehr für die Unterstützung bedanken, aber auch klar machen, dass wir auf sie angewiesen sind. Auch haben wir eine Crowdfunding Aktion ins Lebe gerufen, wo jeder ehrlich eingeladen ist, einen kleinen Beitrag beizusteuern. Wir sind unheimlich dankbar für JEDE HILFE die wir bekommen können. Zudem halten wir alle Augen und Ohren offen um neue Partner an Bord zu holen.

Hier geht's zur Crowdfunding-Aktion: https://www.gofundme.com/f/r4nsa-bk20

Was macht die Situation mit euch als Team?

"So schwer die Zeit gerade ist, umso mehr zeigt es mir, was für ein besonderes Team wir sind: der Zusammenhalt ist unglaublich und jeder steckt seine eignen Interessen zurück um die Zukunft von Bigla-Katusha zu sichern. Irgendwie schweisst es uns als Gruppe grad noch mehr zusammen und sobald wir das überstanden haben und auch hoffentlich bald wieder rennen fahren können, nutzen wir dieses Vertrauen und Teamzusammenhalt in den Rennen und zeigen allen Partnern und Helfern, dass es sich definitiv gelohnt hat für uns zu kämpfen. An der Stelle möchte ich mich schon für jeden, der uns, in welcher Art auch immer, bereits unterstützt hat, ganz herzlich bedanken."

Trainierst du dann aktuell überhaupt ganz normal weiter?

"Für meinen Teil trainiere ich weiterhin fleißig, um in bestmöglicher Form zu sein, sobald es wieder losgeht. Außerdem versuche ich positiv zu bleiben und die guten Dinge in der schweren Zeit zu sehen."

Du warst ja früher schon einmal im Team und bist in diesem Jahr zurückgekehrt. Wie kam's?

"Genau, ich war bei Bigla von 2014 vier Jahre lang. Ich habe mich eigentlich immer super wohl dort gefühlt, brauchte aber zur Zeit des Wechsels einfach mal einen Tapetenwechsel und neue Herausforderungen. Während dem Jahr bei WNT habe ich aber gemerkt, dass mir die Strukturen bei Bigla besser gelegen haben und ich mich dort besser entwickeln kann. Daher bin ich zurück gegangen."

Was macht das Team Bigla Katusha für dich aus?

"Meine Ziele mit dem Team sind zum einen meine Position als Leaderin zu lernen, zum anderen aber auch meine Teamkolleginnen zu unterstützen. Wir sind alle sehr gleich vom Leistungsniveau und es gibt je nach Rennen immer unterschiedliche Leaderinnen, was es sehr interessant und gerecht machst. So kommt jeder mal zum Zug, und beim nächsten Mal kann man seinen Teamkollegen das zurück geben, was man von ihnen erhalten hat. Ich finde das super so, da ich mich sowohl in der Leader- als auch Helferrolle total wohl fühle. Wir sind zwar noch nicht viele Rennen gefahren aber schon jetzt habe ich gemerkt, dass wir ein ganz besonderes Team sind, da wirklich jeder zu 110 Prozent hinter dem anderen steht, wir selbst im Finale noch verschiedene „Karten spielen“ können und so jede Menge Spaß haben. Jetzt hoffe ich einfach, dass die Rennen bald wieder losgehen und wir es allen beweisen können."

Erschienen in Coronavirus, Radsport am 23. Mai 2020

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