Eine Frage des Wollens: Kommentar zu Popps Vorschlag einer gemeinsamen Fußball-EM

Von einer verrückten Idee und einem kühnen Vorschlag ist in einigen Medien die Rede. DFB-Kapitänin Alex Popp hat vorgeschlagen, die EM 2021 mit Männern und Frauen gemeinsam durchzuführen. So kühn und verrückt scheint das gar nicht. Doch Fußball-Deutschland ist für so viel Gleichberechtigung nicht bereit. Ein Kommentar.

Noch steht nicht fest, wann die Fußball-Europameisterschaften der Frauen stattfinden sollen. Der auf Sommer 2021 terminierte Wettbewerb soll Gerüchten zufolge bereits auf 2022 verschoben sein, da im Sommer 2021 nun auch die Männer-EM stattfinden wird. Warum also nicht beide Turniere gemeinsam veranstalten? Diesen Vorschlag erwähnt Kapitänin Alexandra Popp gegenüber dem Sportinformationsdienst (SID). "Mein erster Gedanke war: Lasst doch die EM im gleichen Land mit der Männer-EM stattfinden, um ein Riesending daraus zu machen", sagte sie dem SID. Ein Riesending zu sein hätte der Frauenfußball längst verdient.

Gemischte Reaktionen auf Popps Vorschlag

Die Reaktionen auf diesen Vorschlag fallen gemischt aus. Auf Instagram wird die Idee der DFB-Spielerin, die kürzlich auch ihren Vertrag beim VfL Wolfsburg frühzeitig verlängert hat, kontrovers diskutiert. Einige Leser unterstützen die Idee und schreiben etwa: "Wenn es logistisch machbar ist, klingt das nach einer riesen Fußballparty! Würde den Zuschauerzahlen des Frauenfußballs sicherlich gut tun." Andere wiederum befürchten noch weniger Zuschauerzahlen. Zum Beispiel heißt es dort: "Find ich gut. Birgt nur das Potential, das die Frauen EM dann nur eine Randmeldung ist, da die Männer EM alles überschattet." Das zu verhindern stünde in der Pflicht der FIFA. Nur wenn der Verband es auch will, dass Frauenfußball gestärkt wird, hat er eine Chance aus seiner Nische hervorzukommen.

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Es gibt auch viele Kommentare, die schreiben, für den Frauenfußball würde sich niemand interessieren. Es stimmt, dass die Zuschauerzahlen sowohl in Stadien deutlich niedriger sind als bei den Männern. Aber das gilt auch für viele andere Sportarten. Das Viertelfinale bei der WM 2019 in Frankreich zwischen Deutschland und Schweden sahen immerhin 7,9 Millionen Zuschauer in der ARD. Ein bisschen mehr als niemand.

Ist Gleichberechtigung überhaupt gewollt?

Es ist eine Frage des Wollens. Gut vermarketet und organisiert könnte eine gemeinsame Europameisterschaft den Frauenfußball stärken. In anderen europäischen Bundesligen beispielsweise sind Frauen und Männer in den Clubs besser verzahnt. Da profitieren die Frauen durchaus von den professionellen Strukturen der Männer. Nicht umsonst kommen bis zu 60.000 Zuschauer zu Spielen der spanischen Frauen-Bundesliga – während es in Deutschland im Schnitt nicht einmal 1.000 sind. Dass eine Gleichberechtigung nicht wirklich unterstützt wird in Deutschland, zeigte ja zum Beispiel 2017 die Tatsache, dass die Frauen des VfL Wolfsburg ihre Meisterfeier verschieben mussten, weil die Herren des Vereins sich auf ein Relegationsspiel vorbereiteten.

Die Reaktionen im Netz auf Popps Vorschlag zeigen: Fußball-Deutschland scheint nicht bereit zu sein für einen so großen Schritt in Richtung Gleichberechtigung.

Erschienen in Fußball, Meinung am 22. April 2020

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