Elisabeth Seitz nach EM-Bronze: Grenze noch nicht erreicht

Der Fuß machte nicht immer mit, die Zeit fürs Training knapp: Kunstturnerin Elisabeth Seitz kämpfte sich immer zurück und belohnte sich nun mit der Bronzemedaille im Stufenbarren bei der Europameisterschaft.

"Ich habe immer an mich geglaubt, auch nach den Olympischen Spielen." Kunstturnerin Elisabeth Seitz, 23, lacht leise. Die Teilnahme in Rio, bei der ihr die Teamkollegin ganz knapp die Medaille weggeschnappt hat, hat Spuren hinterlassen. Aber Elisabeth Seitz wäre nicht Elisabeth Seitz, würde sie sich davon unterkriegen lassen. Wenn eine Sportlerin mit Rückschlägen umgehen kann, dann die Stuttgarterin. Und das Kämpfen hat sich gelohnt. Elisabeth Seitz belohnte sich bei der Europameisterschaft in Cluj-Napoca/Rumänien mit der Bronzemedaille an ihrem Lieblingsgerät: dem Stufenbarren.

Derweil schien lange nicht klar, ob die Sportsoldation überhaupt an der Meisterschaft würde teilnehmen können. Im Oktober vergangenen Jahres musste sich Elisabeth Seitz erneut einer Operation am Fuß unterziehen. Die Schrauben kamen heraus, die vor drei Jahren einen Ermüdungsbruch flickten. Nach dem Eingriff folgten acht Wochen Bundeswehrlehrgang und anschließend ein Praktikum beim SWR. Trainieren war da nur in geringem Maße möglich. Elisabeth Seitz hatte bis zur EM einen Rückstand aufzuholen. Bundestrainerin Ulla Koch nominierte sie erst kurz vor dem Wettkampf. "Sie musste sich im Trainingslager erst nochmal beweisen", sagt Koch. Die Herausforderung nahm Elisabeth Seitz natürlich an. Und bestand.

Erst enttäuscht, dann überglücklich

Turnen verlangt ständiges Trainieren. Nicht allein für die Übungen, die Fitness spielt eine entscheidende Rolle. Kurz vor Rumänien war Elisabeth Seitz auf dem optimalen Trainingsstand. Die hunderprozentige Sicherheit aber fehlte. "Die Chancen standen 50:50, dass ich es schaffe", sagt die Kunstturnerin über ihre Möglichkeiten, eine Medaille zu holen. Elisabeth Seitz turnte und kämpfte am Stufenbarren und war hinterer - enttäuscht. Aber nur kurz.

"Ich wollte die Übung so optimal wie möglich zeigen." Eine Verbindung hatte nicht geklappt. Dann aber die Meldung: Elisabeth Seitz auf Rang drei mi 14,133 Punkten, punktgleich mit der Britin Elissa Downie. Die Freude war riesengroß. Auch bei Bundestrainerin Ulla Koch. "Ihr wurde nichts geschenkt", sagt sie. "Der Weg war sehr anstrengend, deswegen bin ich froh, dass sie jetzt die Medaille hat."

Elisabeth Seitz weiß: Das hätte auch ganz anders laufen können. Ist es aber nicht. Eine zweite gute Nachricht, wenn nicht sogar die bessere: "Meinem Fuß geht es so gut wie nie." Elisabeth Seitz plagte sich seit Jahren mit Schmerzen und Verletzungen herum. Zuschauer kennen sie eigentlich nur mit getaptem Fuß. Bei der Europameisterschaft turnte sie seit Jahren zum ersten Mal wieder ohne.

Elisabeth Seitz will ihre Grenzen kennenlernen

Seit der OP im Oktober geht es der 23-Jährigen richtig gut, sagt sie. Elisabeth Seitz greift wieder an. Im Juni beim Deutschen Turnfest in Berlin, und im Oktober bei der Weltmeisterschaft in Montreal. Für Elisabeth Seitz ist alles drin, das weiß sie auch. "Ich kann die Konkurrenz nur noch nicht einschätzen", sagt sie über die jungen Turnerinnen, die ihr bei diesen Wettkämpfen gegenüber stehen werden. Aber auch das wird die Kämpferin vom MTV Stuttgart nicht aufhalten.

Es ist ihre Leidenschaft, die Elisabeth Seitz immer wieder zurück bringt. "Der Spaß überwiegt so sehr, dass ich auch sportliche Rückschläge verkraften kann." Jeder Wettkampf gehe bei Null los. "Gerade ich weiß das gut", sagt sie. Sieht man sie am Stufenbarren, glaubt man ihr den Ehrgeiz und die Liebe zum Turnen sofort. "Ich liebe es, durch die Gegend zu fliegen", sagt Elisabeth Seitz und lacht. Sie ist sicher, dass sie ihre Grenzen noch nicht erreicht hat. Es passt zu ihr, dass sie so denkt. Die 23-Jährige sagt: "Ich will sehen, wie weit ich gehen kann." Oder fliegen.

Die größten internationalen Erfolge von Elisabeth Seitz

  • 4. Platz / Olympische Spiele (Stufenbarren) / Rio 2016
  • 6. Platz / Olympische Spiele (Mannschaft) / Rio 2016
  • 2. Platz / Weltcup (Mehrkampf) / Glasgow 2016
  • 2. Platz / Europa Spiele (Mehrkampf) / Baku 2015
  • 2. Platz / Weltcup (Boden) / Sao Paulo 2015
  • 3. Platz / Weltcup (Stufenbarren) / Sao Paulo 2015
  • 3. Platz / Swiss Cup / Zürich 2014
  • 2. Platz / Swiss Cup / Zürich 2013
  • 6. Platz / Olympische Spiele (Stufenbarren) / London 2012
  • 1. Platz / Gesamtweltcup 2012
  • 2. Platz / Weltcup (Mehrkampf) / Glasgow 2012
  • 1. Platz / Swiss Cup / Zürich 2012
  • 2. Platz / Europameisterschaft / Berlin 2011
Verfasst von Nina Probst

Erschienen in Turnen am 28. April 2017

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