Historie Teil 1: Die frühen Anfänge des Frauenfußballs

SerieFrauen spielen schon seit mehr als einem Jahrhundert Fußball. Sie füllten in England Stadien und gründeten in Deutschland eigene Vereine. Bis der DFB ein Verbot aussprach. Davon erzählt der 1. Teil unserer Historie.

Gewöhnlich gilt England als Mutterland des Männerfußballs, doch auch der Frauenfußball hat dort seinen Ursprung. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin gründeten sich dort die ersten Frauenteams. Am berühmtesten waren die von Nettie Honeyball angeführten „British Ladies“, deren Spiele damals bis zu 10.000 Zuschauer ins Stadion lockten. Dem englischen Verband passte diese Begeisterung jedoch so gar nicht, so dass es männlichen Mannschaften ab 1902 verboten war, gegen Frauenmannschaften anzutreten.

Doch nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erfuhr der Frauenfußball einen regelrechten Aufschwung. Männer fehlten an allen Ecken und Enden, weshalb Frauen in gesellschaftliche Bereiche vorstießen, die vorher für sie tabu waren. Auf einmal schufteten Frauen in Fabriken und spielten wieder Fußball - meist in rein weiblichen Werksmannschaften. Eines dieser Teams, die „Dick Kerr’s Ladies“, galt sogar als inoffizielle Nationalmannschaft Englands.

Frauenfußball: unästhetisch, wesensfremd und unladylike

1921 war der englische Frauenfußball an seinem Höhepunkt angelangt. Fußballerinnen spielten in rund 150 reinen Frauenmannschaften und gründeten die „English Ladies Football Association“. Die „Dick Kerr’s Ladies“ stellten an Weihnachten 1920 mit 53.000 Zuschauern sogar einen Weltrekord auf, der erst bei der Weltmeisterschaft 1999 gebrochen werden konnte. Leider hielt sich das Interesse nicht sehr lange. Denn Frauen wurden wieder in ihre traditionelle Rolle zurückgedrängt.

Essentielle Voraussetzungen wie die Erwerbstätigkeit von Frauen und die damit zusammenhängende Förderung durch Firmen sowie Spielmöglichkeiten verloren immer mehr an Bedeutung, so dass das Zuschauerinteresse und damit auch das Ansehen des Frauenfußballs sank. Noch im selben Jahr fasste der von Männern dominierte, englische Verband einen radikalen Entschluss: im Oktober 1921 wurde Frauenfußball in ganz England komplett verboten.

Boom in Deutschland blieb aus

In Deutschland blieb der Frauenfußballboom dagegen nach dem Ersten Weltkrieg aus. Erst im Jahr 1930 gründete Fußball-Pionierin Lotte Specht in Frankfurt den „1. Deutschen Damen-Fußballclub“, welcher sich jedoch aufgrund von öffentlichen Widerstands bereits 1931 wieder auflösen musste. Die Zeit des Nationalsozialismus im Deutschland der 1930er und 1940er Jahre führte dazu, dass Frauenfußball ein Schattendasein fristete. Fußball spielende Frauen passten nicht in das vorherrschende Rollenbild, welches sich auf das Bild der Frau als Mutter beschränkte. Der Triumph der deutschen Herren-Nationalmannschaft bei der WM 1954 sorgte zwar für einen kleinen Aufschwung des Frauenfußballs hierzulande, wurde aber wieder direkt gebremst. Diesmal war es der DFB, der ein Verbot des Frauenfußballs aussprach.

“Das Fußballspiel als Spielform ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. […] Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. […] Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nicht-Treten weiblich!” (Fred J. J. Buytendijk, Anthropologe, in einer Studie von 1953)

Fußball sei für Frauen wesensfremd, führte der DFB als Begründung für ein Verbot an. Sie seien im Gegensatz zu den Männern charakterlich nicht geeignet für das Fußballspielen. Fußball sei in seiner Art zu roh, Fußball spielende Frauen sähen zudem unästhetisch aus. Genauso wie die Engländer argumentierte der DFB auch mit der Gesundheitsgefährdung der Frau. Das Verbot sollte noch bis Oktober 1970 gelten.

Katarina Schubert

Katarina Schubert

Erschienen in 50 Jahre Frauenfußball, Fußball am 26. Oktober 2020

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