Australian Open: Nach Ausscheiden von Mona Barthel deutsches Frauentennis vor düsterer Zukunft?

SID
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SCHWYTER und PARRY

11. Februar 2021

Nach dem Aus von Mona Barthel findet erstmals seit knapp elf Jahren die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers ohne deutsche Spielerin statt. Für den Deutschen Tennis Bund zeichnet sich in den kommenden Jahren ein düsteres Bild ab.

Die Bilanz bei den Australian Open ist verheerend, die Zukunft wirft ihre bedrohlichen Schatten voraus - und Barbara Rittner wollte diese gar nicht erst schön malen. "Die Lücke ist da, da brauchen wir nicht drumherum zu reden", sagte die Bundestrainerin bei Eurosport, nachdem Mona Barthel schon in der zweiten Runde als letzte Deutsche aus dem Turnier geflogen war. Und sogleich warnte Rittner vor mageren Jahren. "Da kann es auch mal sein", sagte sie, "dass wir bei Grand Slams nur ein, zwei oder drei deutsche Spielerinnen dabeihaben".

Erstmals seit elf Jahren keine Deutsche in Runde drei

Schon die vier Teilnehmerinnen in diesem Jahr waren erschreckend wenig - und es könnte nur ein Vorgeschmack auf die harten Zeiten sein, die dem so erfolgsverwöhnten deutschen Frauentennis bevorstehen. Nach Mona Barthels 4:6, 1:6 gegen die Tschechin Karolina Muchova findet erstmals seit den French Open 2010 ein Grand-Slam-Turnier ohne Deutsche in der dritten Runde statt.

Barthel wollte dies aber nicht als Tiefpunkt sehen. "Wir haben trotzdem viele gute Spielerinnen", betonte die 30-Jährige: "Es kann beim nächsten Turnier schon wieder ganz anders aussehen." Die Zeichen der Zeit prophezeien aber etwas anderes.

Kerber liebäugelt mit Karriere-Ende

Angelique Kerber (33), Andrea Petkovic (33) und Laura Siegemund (32) scheiterten allesamt schon in der ersten Runde, wie Barthel sind sie bereits über 30 und im Herbst ihrer Karrieren. Und während Petkovic ihre Laufbahn nach der Saison beenden wird, liebäugelt auch Kerber schon mit dem Abschied.

"Wir müssen damit rechnen, dass die Lücke ein Stück weit aufklafft", warnte Rittner bereits. In der früheren Nummer eins Kerber (25.) und Siegemund (49.) stehen nur zwei Deutsche in den Top 100 der Weltrangliste. Die erste deutsche Spielerin unter 25 Jahren findet sich sogar erst auf Platz 180.

Nachwuchsprobleme bei deutschen Tennis-Frauen

Nicht nur Kerbers drei Grand-Slam-Titel hatten in den vergangenen Jahren über Nachwuchsprobleme hinweggetäuscht, oft war die Rede von einer "Goldenen Generation". Andrea Petkovic glänzte 2014 mit dem Halbfinale bei den French Open, die im Oktober zurückgetretene Julia Görges setzte mit ihrem Wimbledon-Halbfinale 2018 ein Highlight, Sabine Lisicki stand auf dem "heiligen Rasen" 2013 sogar im Endspiel, ehe sie von zahlreichen Verletzungen und Krankheiten ausgebremst wurde.

Doch darauf folgte eben eine "Verlorene Generation". "Die Lücke, die da gerade aufklafft, war vermeintlich schon geschlossen", erklärte Rittner. Vielversprechende Nachwuchshoffnungen wie Carina Witthöft (25), Annika Beck (26) oder Antonia Lottner (24) konnten die Erwartungen aus unterschiedlichen Gründen aber nicht erfüllen. Deshalb konzentriert sich die Bundestrainerin schon länger auf die nachfolgende Generation.

Barbara Rittner mahnt zu Geduld

"Wir haben wirklich gute Talente", sagte Rittner, aber die nächste Top-10-Spielerin ist in den kommenden Jahren noch nicht in Sicht. Alexandra Vecic (19) erreichte im Vorjahr bei den Australian Open zumindest das Halbfinale im Juniorinnen-Einzel, die erst 17-jährige Noma Noha Akugue gilt als Toptalent und gewann im Dezember überraschend die deutschen Hallenmeisterschaften.

Rittner mahnte aber zu Geduld. "Man darf diese jungen Spielerinnen nicht zu sehr unter Druck setzen, denen muss man Zeit geben", sagte die 47-Jährige. Erst drohen noch die mageren Jahre.

Erschienen in Tennis am 11. Februar 2021

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