Meinung

Von New York über Rom nach Meppen: Jenny Bitzer kickt sich durch die Welt

ExklusivJenny Bitzer vom SV Meppen hat schon einige Stationen im Ausland hinter sich. Ob in Rom oder New York: Die 26-Jährige weiß, wie Frauenfußball in anderen Teilen der Welt gespielt wird. Und auch, dass Deutschland noch einiges besser machen kann in Sachen Wertschätzung.

Von Hoffenheim in die USA, über Island, Großbritannien und Italien nach Meppen: Jenny Bitzer (26) ist durch den Fußball viel herumgekommen. Dabei hat sie festgestellt, wie es anderswo im Frauenfußball abläuft – und dass Deutschland hier noch großen Nachholbedarf hat. „Wir bringen tagtäglich unsere Leistung und da ist es schade, dass das nicht immer entsprechend angesehen ist“, sagt die gebürtige Baden-Württembergerin.

Im Kampf für den Klassenerhalt

Aktuell spielt Bitzer beim SV Meppen. Wenn es am Sonntag, am 20. Spieltag, gegen Bayer 04 Leverkusen geht, steht für Meppen viel auf dem Spiel. Das Team um Coach Theodoros Dedes hat den Klassenerhalt noch nicht in der Tasche und muss an den verbliebenen Spieltagen möglichst viele Punkte mitnehmen. „Besonders spannend wir es am vorletzten Spieltag gegen den SC Sand, der ja auch gegen den Abstieg kämpft“, sagt Bitzer, hinter der eine schwierige Saison liegt. Nicht nur wegen der ganzen Corona-Maßnahmen, auch weil die Abwehr-Spielerin viel auf der Bank saß. „Das gehört dazu, ist aber nicht einfach für mich gewesen. Auch wenn ich sehr an dieser Situation gewachsen bin.“

1619985488095.jpg Jenny Bitzer erlebte mit Meppen den Aufstieg und kämpft nun für den Klassenerhalt. Foto: Dr. Werner Scholz

Gewachsen ist die offene Sportlerin vor allem an ihren vielen Auslandserfahrungen. Und auch jetzt zieht es sie wieder raus aus Deutschland. „Ich will noch etwas erleben und die nächsten Jahre voll ausnutzen.“ Skandinavien würde ihr beispielsweise gut gefallen, aktuell sucht sie nach einem neuen Verein. Es wäre ihre fünfte Station im Ausland.

Der Traum: Ein Jahr ins Ausland

So richtig angefangen hat es für Bitzer mit 16 Jahren, als sie von zuhause wegging, um bei der TSG Hoffenheim zu spielen. Drei Jahre war sie dort, hat ihr Abitur gemacht und die ersten Schritte in Richtung Profifußball gemacht. Doch eines ging ihr immer durch den Kopf: ein Jahr ins Ausland zu gehen. Über ein Sportstipendium ist Bitzer schließlich in die USA gekommen – und aus einem Jahr Auslandserfahrung wurden vier Jahre voller Fußball und einem Bachelor in Business Management.

Erst in Louisiana und später in New York hat Bitzer erfahren, wie angesehen Frauenfußball sein kann. Weil Männerfußball in den USA nicht so groß ist wie viele andere Sportarten, aber auch weil Sport dort insgesamt einen ganz anderen Stellenwert hat.

Frauenfußball ist in den USA ein richtiger Volkssport. Die Fanbasis ist riesig und die Fußballerinnen haben dort einen richtig hohen Status – das war ein sehr schönes Erlebnis.

Ein Erlebnis, das Bitzer auch in anderen Teilen der Welt erfahren hat. Nach den vier Jahren in Übersee und einem kurzen Gastspiel in Island wechselte die Spielerin nach Großbritannien, wo sie an der Durham University ihr Postgraduate Diploma machte und in der zweiten Liga Fußball spielte. „Eine sehr körperliche Liga“, erinnert sie sich. „Der Frauenfußball hat dort einen ähnlichen Stellenwert wie in den USA.“ Das Diplom fertig gemacht hat sie aber nicht in England, sondern in Italien. Beim AS Rom, wo Bitzer ihren ersten Profivertrag abschloss. „Nach dem Studienabschluss habe ich dort ein paar Monate nur Fußball gespielt, das war eine tolle Erfahrung.“ Genau wie die Organisation der Liga und generell des Frauenfußballs in Italien.

Im ersten Frauenteam beim AS Rom

Zwar ist der Frauenfußball dort ähnlich wie in Deutschland weit hinter den Männern zurück, doch tut sich in Italien viel. „Beim AS Rom waren wir das erste Frauenfußball-Team und wurden direkt in Rom auf der Spanischen Treppe vorgestellt sowie im Stadion bei einem Spiel der Männer. Da wird gerade viel reingesteckt, sowohl finanziell als auch an Wertschätzung“, sagt Bitzer.

IMG_6288.JPG Bejubelt auf der Spanischen Treppe in Rom. Foto: privat

Als dann aber die Liga umgestellt und die Zahl der internationalen Spielerinnen stark eingeschränkt wurde, musste Bitzer den AS Rom verlassen. Da in Italien auf die Schnelle kein neuer Verein zu finden war, kam Bitzer zurück nach Deutschland und landete beim SV Meppen, der damals noch in der zweiten Liga spielte.

Schockierend finde ich zum Beispiel, dass nur jetzt am Saisonende alle Spiele übertragen werden, nicht aber unter dem Jahr.

Wieder in Deutschland stellte Bitzer fest, dass sich zwar der Frauenfußball entwickelt hat, aber lange nicht so weit ist wie in vielen anderen Ländern. „Schockierend finde ich zum Beispiel, dass nur jetzt am Saisonende alle Spiele übertragen werden, nicht aber unter dem Jahr.“ Immerhin die letzten drei Spieltage laufen komplett im Stream bei DFB.TV und die Fans können live verfolgen, wer Meister wird und wer absteigt. Bitzer ist guter Dinge, den Klassenerhalt mit dem SV Meppen zu schaffen. Am Sonntag gegen Leverkusen kann sie mit ihrem Team den nächsten Schritt dorthin machen. Bevor die 26-Jährige ihren persönlichen nächsten Schritt wieder über die Landesgrenzen machen und weitere Auslandserfahrungen sammeln wird.

Erschienen in Fußball am 05. Mai 2021

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