Fußball

1.FC Mönchengladbach entscheidet sich gegen Damen-Teams – und für die Männer

Die Frauen- und Mädchenabteilung des 1. FC Mönchengladbach ist fassungslos über die Entscheidung des Vereins: Drei Damen-Teams sollen vom Spielbetrieb abgemeldet werden. Wir haben mit Trainer Christian Brüsseler über die Hintergründe dieser Entscheidung gesprochen.

Seit Dienstag mischt eine Nachricht aus Mönchengladbach die Frauenfußballszene auf. In einer Petition heißt es, dass der 1. FC Mönchengladbach die 1. und 2. Damenmannschaft sowie die U17-Juniorinnen vom Spielbetrieb abmelden will. Der Grund: Die 1. Herrenmannschaft ist in die Oberliga aufgestiegen.

Hier geht's zum Statement der Geschäftsführung gegenüber der Sportfrauen-Redaktion.

Gegenüber Fupa dementiert der Vorsitzende Christian Oh diese Darstellung. Dort sagt er, die Entscheidung über den Rückzug der Frauen-Teams sei unabhängig von der Ligazugehörigkeit und habe mit dem möglichen Aufstieg nichts zu tun. Es sei eine strategische Entscheidung. „Die DNA des FC ist der Leistungsbereich. Wir haben zwei starke Leistungsbereiche, die Männer und die Frauen. Wir werden aber auf Dauer nicht in beiden Leistungsbereichen konkurrenzfähig bleiben können. Darum mussten wir eine Entscheidung treffen.“ Eine Entscheidung für die Männer, gegen die Frauen.

Erfolgreiche Frauen- und Mädchenfußballabteilung

Daher hat Christian Brüsseler, Trainer der 1. Damenmannschaft in der Niederrheinliga (4. Liga), die Petition online gestellt. Gegenüber Sportfrauen sagt er: „Angefangen hat alles mit einem Trainingsplan, bei dem auf unsere Abteilung keinerlei Rücksicht genommen wurde. Wir haben dann einen Kompromiss erarbeitet, der vom Vorstand noch abgesegnet werden musste. Daraufhin wurde uns vergangenen Freitag mitgeteilt, dass man uns nicht zum Spielbetrieb anmelden wolle. Das war ein Schock.“ Die Frauen- und Mädchenabteilung ist mit 130 Mitgliedern ein großer Bereich des Vereins – und obendrauf erfolgreich. So war Brüsseler mit seinem Team 2019 sogar in der ersten Runde des DFB-Pokals vertreten. In der Liga rangiert Mönchengladbach punktgleich mit dem Tabellenführer MSV Duisburg II auf Platz zwei. Die 2. Mannschaft kämpfte in der Bezirksliga um den Aufstieg in die Landesliga und die U17-Juniorinnen lagen in der Regionalliga West auf dem fünften Tabellenplatz.

Hier geht's zur Petition der Mönchengladbacher Fußballerinnen.

Auch die Spielerinnen waren schockiert, als sie im Laufe des Dienstags aus den Medien und bei einem Gespräch am Abend von den Entwicklungen erfuhren. „Die Mädels sind hier in der Abteilung groß geworden. Über zwölf Jahre wurde hier etwas aufgebaut, die Frauen wurden immer erfolgreicher“, erklärt Brüsseler, der vor zwei Jahren als Trainer zur Abteilung gestoßen ist.

Unterstützung von Nationalspielerin Alex Popp

Mit der Petition will er zeigen, dass man diese Entscheidung nicht akzeptieren wird. In kurzer Zeit haben tausende Menschen für den Erhalt der drei Mannschaften unterschrieben, minütlich kommen neue Unterschriften dazu. „Gezielt gegen die Frauen- und Mädchenabteilung vorzugehen, hat für uns nichts mit einer Strategie zu tun“, stellt Brüsseler klar. Mit der Petition hat er innerhalb kurzer Zeit eine enorme Reichweite erzielt, die er selbst so nicht erwartet hatte. Auch Nationalspielerinnen wie Alex Popp haben die Nachricht kommuniziert. So schreibt die DFB-Kapitänin auf Instagram:

„Ehrlich jetzt?! Wir befinden uns im Jahr 2020 und sind in einer Zeit wo Frauen das Recht auf Erfolg und vor allem auch auf die Leidenschaft ihres Sports haben sollten. Wenn ich sowas lese krieg ich die Krise. Das diese Fußballerinnen von ihrem eigenen Verein diskriminiert und einfach verstoßen werden ist einfach unglaublich.“

Hunderte Kommentare pflichten ihr bei.

Von Vorstandsseite hat sich bis Dienstagvormittag niemand bei Brüsseler gemeldet. Aber ihm sei zu Ohren gekommen, dass es am Wochenende ein Gespräch geben soll, bei dem auch ein Vermittler des DFB hinzugezogen werde. Brüsseler hofft auf eine Lösung, auch wenn die Situation schwierig ist. „Das Vertrauen ist weg, vor allem auch seitens der Spielerinnen. Niemand spricht mit uns oder bezieht uns in Entscheidungen ein. Ich bin sicher, wir hätten eine Lösung gefunden, hätten wir vorab miteinander gesprochen.“ Schließlich wurde beim 1.FC Mönchengladbach schon früher hochklassiger Fußball gespielt, der gut organisiert werden konnte.

Damenteams könnten Ligastatus verlieren

Im Falle, dass die Frauen und Mädchen ihren eigenen Verein gründen müssen, sieht Brüsseler ein gravierendes Problem: „Dann wird uns der Ligastatus entzogen. Sollte es soweit kommen, hoffen wir darauf, dass der DFB uns entgegenkommt und eine Sondergenehmigung erteilt, den Ligastatus zu behalten.“ Im Verein des 1. FC Mönchengladbach zu bleiben, wenn die drei Mannschaften tatsächlich nicht zum Spielbetrieb angemeldet werden, ist für Brüsseler kaum eine Option. „Das würde bedeuten, dass auch die Kleinen keine Zukunft mehr haben.“

Doch die Zeit drängt. Am 30. Juni endet die Melde- und Wechselfrist für die Frauen. Bis dahin muss eine Lösung her, um den Spielerinnen die Möglichkeit zu bieten, weiter aktiv ihren Sport betreiben zu können. Brüsseler würde gerne beim 1. FC bleiben. „Dazu ist es aber unheimlich wichtig, die Strukturen zu ändern und vor allem von Vorstandsseite ein entsprechendes Signal an die Spielerinnen zu senden“, macht er deutlich. Er will jetzt abwarten. Die öffentliche Aufmerksamkeit hat er dabei auf seiner Seite, in ganz Deutschland solidarisieren sich Sport- und Fußballfans mit ihm und seiner Abteilung.

Verfasst von Nina Probst

Erschienen in Fußball am 24. Juni 2020

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