Coronavirus

Boxerin Nadine Apetz: Ich lebe gerade von Tag zu Tag

Boxerin Nadine Apetz hätte jetzt das Olympia-Ticket in der Tasche haben können. Doch der Coronavirus zwingt sie zu einer Pause. Ein Gespräch über eine ungewisse Zeit, Homeworkout im Wäschekeller und die Auswirkung der Coronakrise auf unser Verhalten.

Seit rund 13 Jahren ist Nadine Apetz Amateurboxerin. In der Gewichtsklasse 69 Kilo hat sie schon Bronze bei Welt- und Europameisterschaften geholt. Nun steht sie vor einer Herausforderung, die sich nicht im Ring lösen lässt: der Corona-Zwangspause. In London hätte die 34-Jährige ihr Ticket für Olympia lösen können, doch das Turnier wurde nach internationaler Kritik abgebrochen. Einen Tag vor Nadines Viertelfinal-Kampf. Wie es jetzt weitergeht, weiß niemand genau.

Wie enttäuscht warst du, als das Turnier in London abgebrochen wurde?

„Wir hatten zunächst Angst, dass der Wettbewerb gar nicht erst stattfindet. Die Veranstalter wollten das Turnier verkürzen – und dann schien es, als wollten sie es durchziehen. Daher kam der Abbruch recht überraschend. Ich muss zugeben, es sind sogar ein paar Tränen geflossen. Ich hätte mit dem Viertelfinale den alles entscheidenden Kampf gehabt und die Olympia-Qualifikation holen können. Stattdessen saß ich im Flieger nach Hause.“

Einige von euch hatten ja noch nicht einmal den ersten Kampf…

„Das stimmt, für die ist das natürlich besonders unbefriedigend. Der erste Kampf ist immer der härteste, weil die Anspannung größer ist und man sich erst auf die Umgebung einstellen muss. Ein kleiner Trost für uns war, dass unser Teamkollege Hamsat Shadalov kurz vor dem Abbruch der Qualifikation als erster deutscher Boxer sein Ticket für Olympia gesichert hat.“

Apropos Olympia: Aktuell hält das IOC noch an dem Termin 2020 in Tokio fest. Wie stehst du dazu?

„Sportlich gesehen wäre es besser, die Spiele zu verschieben. Die aktuelle Situation ist alles andere als optimal für das Training. Bei Olympia treffen die besten Athleten und Athletinnen der Welt aufeinander und dazu muss jeder von uns auf Top-Niveau sein. Aber da viele Sportstätten geschlossen sind, haben wir nicht die Möglichkeit dazu. Außerdem stehen bei vielen Verbänden noch Qualifikationen aus.“

Im Boxen ja auch.

„Ja. Bei uns müssten noch drei Qualifikation stattfinden, in Europa, den USA und eine weltweite Quali. Das müsste alles bis Ende Juni passiert sein und ich gehe davon aus, dass das nicht funktionieren wird.“

Bei Olympia treffen die besten Athleten und Athletinnen der Welt aufeinander und dazu muss jeder von uns auf Top-Niveau sein. Aber da viele Sportstätten geschlossen sind, haben wir nicht die Möglichkeit dazu.

Als Profisportlerin wirst du jetzt komplett aus dem Alltag gerissen, oder?

„Im Moment ist es noch nicht so schlimm, da wir nach einem Wettkampf immer eine Woche Regeneration haben. Nächste Woche sollte es dann eigentlich wieder losgehen. Aber unser Trainingsplan richtet sich ja nach den Kämpfen und wir trainieren auf einen bestimmten Punkt hin. Fehlt dieser Punkt, bringt das den kompletten Plan durcheinander. Ich mache es mir während der Regenerationsphase auf dem Sofa gemütlich. Außerdem promoviere ich derzeit noch und bräuchte eigentlich Labor und Mikroskop. Allerdings empfiehlt auch die Uniklinik nicht-medizinischem Personal, zu Hause zu bleiben und meine Arbeitsgruppe macht Home-Office.“

Du promovierst im Bereich Neurowissenschaften. Was glaubst du, macht die Corona-Krise mit unserer Gesellschaft?

„Man hat ja schon gesehen, dass die Luftverschmutzung besser wird, die Kanäle in Venedig so klar wie nie sind und sich die Natur erholt, weil die Leute weniger Auto fahren. Für uns alle bedeutet die Coronakrise einen Reset. Aber ich befürchte, dass das nur ein temporärer Zustand sein wird und wir danach wieder genauso weitermachen, wie zuvor.“

Wie wirst du deine Tage verbringen, solange der Coronavirus den Alltag einschränkt?

„Ich spiele Brettspiele, mache Puzzles und halte mich eben mit Homeworkout fit. Draußen kann ich Läufe machen und Schattenboxen. Wenn das Wetter zu schlecht ist, gehe ich vielleicht einfach in den Wäschekeller zum Trainieren. Möglicherweise bekommen wir auch eine Ausnahmegenehmigung, um hier in Köln oder in Frankfurt trainieren zu dürfen. Das müssen wir jetzt einfach abwarten. Ich lebe gerade von Tag zu Tag.“

Verfasst von Nina Probst

Erschienen in Coronavirus, Kampfsport am 23. März 2020

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