Coronavirus

So erlebt Julie Karn vom FF USV Jena die Coronakrise von Kanada aus

Mehrere tausend Kilometer vom FF USV Jena entfernt wartet Julie Karn darauf, ob und wann die FLYERALARM Frauen Bundesliga wieder weitergeht. Zuhause in Kanada vertreibt sie sich die Zeit mit ihrem Hund, Homeworkouts und WhatsApp-Challenges mit ihren Teamkolleginnen.

Zwei Punkte aus 15 Spielen, letzter Platz in der FLYERALARM Frauenfußball-Bundesliga. Es lief bisher nicht gut für den FF USV Jena in dieser Saison. Das hatte nun auch zur Folge, dass das Trainerteam aus Chris Heck und Thilo Osterbrink den Bundesligisten nach der Saison verlassen wird. Wir haben mit der kanadischen Mittelfeld-Spielerin Julie Karn (24) über die Situation in der Bundesliga, die Coronapause und ihre sportlichen Träume gesprochen.

Julie, du verbringst die Zeit während der Coronapause gerade bei deiner Familie in Kanada. Wie geht es dir dort?

„Ich bin froh, dass ich bei meiner Familie sein kann und dass ich es noch hierher geschafft habe, bevor sie alle Flüge gestrichen haben. Auch hier in Kanada werden die Maßnahmen jetzt immer strikter. Ich wohne in einem kleineren Ort und habe so die Möglichkeit, zumindest mit meinem Hund Jersey nach draußen zu gehen. Sie ist ein Border-Collie-Mix und ich vermisse sie ihn Deutschland immer total.“

Konntest du sie nicht mitnehmen, als du 2019 in die deutsche Bundesliga gewechselt bist?

„Nein, leider nicht. Sie ist schon etwas älter und hätte den langen Flug vielleicht nicht gut überstanden. Dafür freue ich mich umso mehr, wenn ich zuhause Zeit mit ihr verbringen kann. Außerdem facetimen wir viel (lacht).“

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Mit ihrem Hund Jersey vertreibt sich Julie Karn die Corona-Zeit.

War es dein großer Traum in Deutschland Fußball zu spielen?

„Absolut. Die Familie meines Vaters hat deutsche Wurzeln und dadurch haben wir auch immer für die deutsche Nationalmannschaft gejubelt und in der Champions League für Bayern München. Die Mentalität war also schon da und ich wollte unbedingt in Deutschland Fußball spielen. Wir haben zwar in Kanada auch gute Möglichkeiten, vor allem durch den Uni-Sport, aber eben nicht auf demselben Level wie in Deutschland. Als ich dann die Uni beendet habe, war die Chance da und ich konnte diesen Traum wahrmachen.“

Hast du dich schon eingelebt?

„Ich liebe neue Leute und Herausforderungen, daher fällt es mir nicht schwer, mich woanders einzuleben. Obwohl ich natürlich schon meine Familie vermisse. Aber hier in Deutschland wohne ich mit meiner Mitspielerin Jitka Chlastáková aus Tschechien zusammen, die auch neu im Team war. Wir geben uns gegenseitig Halt. Außerdem hat der Verein für uns beide einen Deutschkurs organisiert, jetzt verstehe ich mittlerweile ganz gut, was die anderen sagen. Jena hat keinen sehr internationalen Kader, daher ist es wichtig, die Sprache zu verstehen.“

Die Saison lief für euch nicht sehr erfolgreich. Was ist los?

„Es ist schwierig, das so genau zu sagen. Sicher haben viele Aspekte reingespielt, dass wir jetzt auf dem letzten Platz stehen. Wir sind ein sehr junges Team mit vielen neuen Spielerinnen und mussten in dieser Saison erst zueinanderfinden. Ich bin ja auch erst im Juli dazugekommen.“

Den Abstieg zu verhindern wird schwer …

„Schwer ja, aber wir können es definitiv noch schaffen. Sollte die Bundesliga weitergehen, warten noch einige entscheidende Spiele auf uns. Wir werden alle unser Bestes geben und füreinander kämpfen.“

Da ist die Pause durch die Coronakrise erst recht kein gutes Timing, oder?

„Das stimmt. Wir müssen nach der Pause wieder an dem Punkt zusammenfinden, wo wir uns vor ein paar Wochen getrennt haben. Es ist eine schwierige Situation, aber wir versuchen uns gegenseitig in WhatsApp-Challenges zu motivieren und den Kontakt zu halten.“

Motivation per WhatsApp-Challenges – wie hältst du dich sonst fit?

„Ich mache viel Cardio – also Laufen, Radfahren und mit meinem Hund nach draußen gehen. Und natürlich normales Balltraining. Tyler Taylor ist mein Trainer hier in Kanada, er hat mir ein High Intensity Workout zusammengestellt. Außerdem tanze ich viel.“

Jena Photoshoot - 5.JPG Julie Karns zweite Leidenschaft – das Tanzen. Foto: Christoph Worsch

Tanzen ist neben Fußball deine zweite große Leidenschaft. Beides machst du auf professionellem Niveau. Das ist einzigartig.

„Ja, ich liebe beides (lacht). Es macht mir so viel Spaß zu tanzen und es gibt mir Körperspannung und Beweglichkeit, was mir auch für den Fußball viel bringt.“

Hast du sportlich gesehen noch Träume, die du dir erfüllen willst?

„Ja, ich bin ein großer Träumer (lacht). Ich würde wahnsinnig gerne mal in der Champions League spielen. Außerdem möchte ich gerne für mein Land spielen und hoffe, dass ich das in meiner Karriere noch verwirklichen kann. Was das Tanzen angeht, würde ich gerne noch eine Welttour machen. Mit meiner Schwester bin ich schon in China aufgetreten, aber eben noch nicht im Rest der Welt. Aber jetzt heißt es erst einmal: die Pause überstehen und wieder in der Bundesliga angreifen.“

Erschienen in Coronavirus, Fußball am 15. April 2020

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